1. Bd. 2
- S. 289
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Turkestan.
289
<
jetzige Turkestan zu diesem, kam hernach unter die Botmäßigkeit der
Parther und spater ward es ein Bestandtheil des neupersischen Reichest
In der Mitte des 6teü Jahrhunderts nach Christi Geburt begannen die
Türken in diesen Gegenden sich auszubreiten und daselbst mächtig zu
werden. Diese, welche den Chinesen unter dem Namen Chiung-nu
schon lange vor Christi Geburt bekannt wurden, wohnten nördlich und
nordöstlich von den Chinesichen Provinzen Schansi und Schensi auf
dem Gebirge In - Schan (s. S. 202. Ii. Bandes), welches sich im
N. der großen Krümmung der Hoang-Ho erhebt. Vom I. 206 vor
Christi Geburt bis in die Mitte des ersten Jahrhunderts unterjochten
sie einen bedeutenden Theil von Mittelasien. Da sie jedoch später
aus diesen Gegenden verdrängt wurden, zogen sie sich weiter westwärts,
und eine ihrer Horden ließ sich an dem Goldberge (Altai) nieder,
machte sich unter dem Namen Tu-kiü bekannt und erweiterte nach
und nach ihre Gränze bis an den Kaspischen See. Der Name Türken
wurde hierauf (im 6. Jahrh, nach Christi Geburt) in Europa bekannt.
Zu Anfang des 7. Jahrhunderts drangen die Araber in Turkestan ein
und stießen hier auf die Türken. Nach dem Verfalle des Arabischen
Khalisats entstanden hier mehrere Türkische Herrschaften, welche Dschin-
gis-Khan, der Mongolen-Beherrscher, im 12. Jahrhunderte unterjochte.
Nach seinem Tode bekam einer seiner Söhne, Dschagatai Turkestan,
welches nach ihm den Namen Dschagatai erhielt. Und noch jetzt
herrschen Nachkommen desselben als Khane in mehreren Staaten Tur-
kestans; denn Turkestan besteht gegenwärtig aus mehreren von einander
unabhängigen Staaten, unter welchen, nach den neuesten Nachrichten
der Reisenden, Khokand, Usbekistan und Badakschan jetzt die mächtig-
sten seyn sollen.
Zu Turkestan gehört auch der Kaspische See, doch nur seine
Ostseite, denn seine Südseite gehört zu Persien und Iran und seine
West- und Nordseite zum Russischen Reiche. Dieser riesenhafte See,
den man seiner Größe wegen auch Kaspisches Meer nennt, ist
der größte See auf der Erde, nimmt mit seiner Oberstäche 10 Brei-
ten- und 5 Längengrade ein, und enthält 6000 oder nach Andern
6860 idm., so daß er nach der letztern Annahme größer als der
Preußische und Baiersche Staat zusammen genommen seyn würde.
Seine Länge beträgt 140 Meilen und seine Breite wechselt von 28
bis 63 M. Wahrscheinlich ist er der Überrest eines größern Meeres,
das einst das ganze Flachland in seiner Nahe weit und breit bedeckte
und mit dem Aralsee und dem Asowschen Meere zusammenhing. Der
Zusammenhang mit letzterm fand vermuthlich nordwestlich vom Kauka-
sus in der Gegend Statt, die der Manitsch und die Kuma durchfließen;
denn diese ganze Gegend ist flach, und mit niedrigen Hügeln des
reinsten Flugsandes bedeckt, worin man zahlreiche Muschelschalen, die
sowohl dem Schwarzen als Kaspischen Meere angehören, findet; häufig
finden sich in dieser Steppe Salzseen, ja der ganze Boden scheint mit
Cannabich's Hülfsbuch. Ii, Band. 19