1. Bd. 2
- S. 302
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Asien.
regierten. Nur im 7. Jahrhunderte nach Christi Geburt ging von
Arabien ein großes Reich aus, indem der berühmte Muhamed, ein ge-
borener Araber, im I. 609 als Stifter einer neuen, sinnlich anlocken-
den Religion (si S. 81. I. Bandes) auftrat, die er bald mit den
Waffen weiter ausbreitete. Binnen zehn Jahren (von 622—632)
hatte er ganz Arabien bezwungen und bekehrt; und von Religionsei-
fer begeistert, unterjochten die Araber, zum erstenmal als Eroberer auf-
tretend, binnen 30 Jahren Vorderasten, Persien, Ägypten und Nord-
afrika; ja sie setzten sogar über die Meerenge von Gibraltar, eroberten
ganz Spanien und bedrohten auch das übrige Europa bis die große
Niederlage, welche sie im Jahre 732 durch Karl Martell, den Groß-
vater des berühmten Karls des Großen bei Poitiers in Frankreich er-
litten, sie von dem weitem Vordringen in Europa abschreckte. Man
nannte sie damals gewöhnlich Saracenen. Auch ein Theil von
Sicilien und Neapel kam eine Zeitlang in ihren Besitz, und in spa-
terer Zeit verbreiteten sie sich aus. Bekehrungseifer und Handelsgeist auch
noch längs der Ostküste Afrikas bis zum Kaffernlande. Aus diesen
Eroberungen bildete sich das große Reich des Khalifats (s. S. 96.
Ii. Bandes), dessen Weltherrschaft über 6 Jahrhunderte dauerte. Un-
ter diesen Khalisen *) ist vorzüglich Harun al Raschid berühmt,
indem unter seiner Regierung das Khalisat den höchsten Gipset seines
Glanzes erreichte. Er hatte seine Residenz aber, so wie schon einige
seiner Vorgänger, nicht mehr in Arabien selbst, sondern in der neu
erbauten Stadt Bagdad (s. oben), wo sein Hof der prächtigste auf
der ganzen Erde war. Jedoch schon unter den Söhnen dieses Harun
al Raschid, Zeitgenossen Karls des Großen, begann das Reich zu
verfallen, wiewohl auch noch der zweite Sohn desselben el Mamum
sich durch Weisheit und Tapferkeit auszeichnete. Allein mit ihm sank
die Starke des Staates durch die Kraftlosigkeit der Regenten, welche
fast nur dem Genusse der Lüste sich hingaben und durch den abneh-
mendeil kriegerischen Geist der Araber oder Saracenen, indem sie Mieth-
truppen aus den Landern an der Ostküste des Kaspischen Meeres
(Turkestan) annahmen, wodurch nach und nach die daraus gebildete
Seldschuckische Leibwache den Khalifen selbst furchtbar wurde. Fast
alle Provinzen des Khalifats gingen verloren und es entstanden daraus
verschiedene unabhängige Reiche, bis endlich das bisher noch bestandene
Schattenreich des Khalifats 1258 durch die Mongolen,, welche Bag-
dad eroberten, sein Ende erreichte. Nun trat wieder gänzliche Frei-
heit und Unabhängigkeit der einzelnen Stämme und Staaten Arabiens
ein, bis im Anfange des 16. Jahrhunderts die Osmanen oder Türken
sich den größten Theil Arabiens unterwarfen, aber schon im 17. Jahr-
hunderte diese Herrschaft wieder verloren, worauf das Land stets unter
vielen einzelnen Stammhäuptern und Fürsten unabhängig geblieben ist.
*) Khalifen nannte man die Nachfolger Muhameds und die Beherrscher
dieses von den Arabern gegründeten Weltreiches.