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1. Bd. 2 - S. 368

1837 - Eisleben : Reichardt
368 Asien. herrschaftliche Tabackfchnupfer, dem Rauchen indeß weniger ergeben, als ihre westlichen Nachbarn, die Perser. Von Seiten des Charakters verdienen die Afghanen in mehr als einer Hinsicht Lob. Sie sind ein freies, einfaches, mäßiges, aufrichti- ges, kraftvolles, kriegerisches Volk, ohne jedoch unbändig, wild, frech und übermüthig zu seyn. Ihre Unterhaltungen und Fragen sind sehr verständig und verrathen mehr Wißbegierde als Neugierde. Dabei sind sie ihrem Vaterlande, insbesondere aber ihrem Stamme und ihrer Familie mit dem größten Eifer zugethan, stolz auf ihre Freiheit, Unab- hängigkeit und Gleichheit und gastfrei. Jeder Einzelne, der das Haus eines Afghanen betritt, wird von ihm geschützt, selbst der größte Feind geachtet, so lange er mit ihm unter einem Dache sich befindet. Ganz eigenthümlich ist den Afghanen die Sitte des Nanna-Wati. Sie besteht darin, daß derjenige, welcher ein Anliegen an jemanden hat, in das Haus oder Zelt desselben geht, aber nicht eher die gasifreundschaft- liche Einladung des Besitzers, sich niederzulassen oder etwas zu genie- ßen, annimmt, als bis ihm dieser die verlangte Bitte gewährt hat. Nur äußerst selten wird eine auf diese Art vorgebrachte Bitte abge- schlagen, und vieljährige Feinde werden dadurch, so bald nur einer sich entschließt, den ersten Schritt zur Versöhnung zu thun, die innigsten Freunde. Der Britte Elphinstone, der 1808 Afghanistan besuchte und aus Ostindien hierher kam, fühlte sich, nach seiner ausdrücklichen Versicherung, unter den Afghanen, besonders unter den westlichen Stämmen, als ec näher mit ihnen bekannt geworden war, oft wie zu Hause oder als ob er unter Europäern lebte. Burnes, welcher 1831 in Afghanistan war, macht gleichfalls eine günstige Schilderung von den Afghanen, und sagt, daß ihr Nationalcharakter auf ihn einen sehr vortheilhaften Eindruck gemacht habe. „Sie befragten mich stets ge- nau über Europa, sind seine Worte, und es ist erfreulich, die Wißbe- gierde selbst der ältesten Leute zu sehen. Sie sind nicht im Stande, ihre Gesinnungen vor einander zu verbergen und jemand, der nur ir- gend Scharfsinn besitzt, wird zu jeder Zeit ihre Absichten durchschauen können." — Die Schattenseite der Afghanen soll ihre Habsucht und Neid seyn, der sich selbst auf die nächsten Verwandten erstreckt. Bur- ues siel besonders ihre Trägheit auf; sie schienen den ganzen Tag, einander anstarrend, sorglos dazusitzen. Auch legen sich mehrere Stämme auf Stehlen und Rauben; doch verüben sie dabei niemals Mordthaten. Kabul ist die Hauptstadt von Afghanistan, und nach Burnes von etwa 60,000 Menschen bewohnt. Ungeachtet diesem nicht sehr bedeu- tenden Bevölkerung ist Kabul doch höchst geräuschvoll und lebhaft. Am Nachmittage ist der Lärm so stark, daß man auf der Straße sei- nen Begleiter nicht vernehmen kann. In den gewühlvollsten Theilen der Stadt sieht man Geschichtenerzähler die Müssigganger unterhalten oder Derwische (S. 127. Bd. 1.) den Ruhm und die Thaten des Propheten verkünden. Die Straßen sind sehr eng, werden wahrend
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