1. Bd. 2
- S. 404
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Asien.
brechen sie heerdenweise aus den Walddickichten hervor auf die Reiß-
felder und zerstören die Erndten der unglücklichen Bewohner, die über-
haupt wegen der daselbst herrschenden Fieberluft ein elendes Menschen-
geschlecht sind, das durch Kropsbildung in Cretinismus ausartet. Auch
anderes großes und kleines Wild, wie Schackale, Füchse, Eber, viele
schwarze Bare, selten Tiger, belebt dieses Gebiet, das in der Frühlings-
zeit durch seinen reichen Graswuchs zur Weide der Heerden dient, im
heißen Sommer aber, wenn die Zahl der wilden Thiere sich mehrt, und
der Binsen-, Gras- und Schilfwuchs zu Wäldern emporgeschossen ist,
nur durch weitlaufende Feuerbrande gereinigt werden kann. Die zweite
Stufe ist das Land der Vorhöhen, wo alles mit dichten Waldungen
bewachsen ist, die aus der größten Mannigfaltigkeit von Baumen be-
stehen, von Vögeln belebt, worunter die verschiedenste Menge bunter
Papageien. Nur die langen, weiten Thaler voll Naturreize und größ-
ter Fruchtbarkeit sind hier gut angebaut und stark bevölkert; die engern,
felsigen Querthäler und die Berghöhen bleiben bewaldete Einöden.
Reiß und Baumwolle ist in jenen Thalern Hauptgegenstand des An-
baues. Die dritte Stufe steigt schon als erhabenes Gebirgsland
zwischen diesen Vorhöhen bis zu dem Schneegcbirge hinauf; seine ho-
hen Gipfel kleiden sich im Winter bei Regengüssen, die in feinen 3000
bis 6000 F. hohen Thalern fallen, schon in leichtes Schneegewand.
In einer dieser Thalebenen, der ausgedehntesten von allen liegt Khat-
mandu, die Hauptstadt von Nepal, 4484 F. über dem Meere. Die
meisten hohen Thaler dieses Gebirgslandes sind eng und dann wenig
angebaut; aber das weite, trefflich angebaute Khatmandu-Thal macht
hiervon eine merkwürdige Ausnahme. Es ist stark bewässert von kla-
ren Quellen und Bächen, von großer Pracht, Schönheit und Mannig-
faltigkeit in feinen Gewächsen, vereinigt mit den Wintererscheinungen
der Schweizer Alpen, die Sommerwärme von Neapel, und hat den
treffllichsten Reisbau, Kornerndten, Mais, Baumwolle, Zuckerrohr,
Kardamomen, Ingwer; Pfirsiche wachsen an jedem Bache und Reben
sind reich an Trauben, aber diese werden selten reif, dagegen gedeihet
aber die Orange nirgends besser wie hier. Schönere Alpenblumen,
theils ganz neue Arten, theils Europäische, giebt es nirgends wie hier,
und die Hochwälder aus Kastanien, Wallnuß-, Lorbeer-, Birken und
Nadelholzbäumen nebst vielen ganz fremden Indischen Bäumen mit
köstlich duftenden Rinden, Ölen, Weihrauch und den schönsten Holz-
arten bestehend, machen einen noch wenig benutzten Reichthum und eine
große Zierde dieses Alpenlandes aus.— Das vierte Stufenland
endlich ist mit dem erhabensten Schneegebirge der Erde erfüllt, durch
welches einzelne Gebirgspässe hindurch nach Tibet führen.
Unter den Thieren Ostindiens sind auch Buckelochsen, welche
eine Abart unsers gewöhnlichen Rindviehs bilden, sich aber vorzüglich
dadurch auszeichnen, daß sie einen Buckel oder Höcker haben, der zu-
weilen 50 Pfund wiegt. Diese Buckelochsen, welche zu den vorzüg-