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1. Bd. 2 - S. 465

1837 - Eisleben : Reichardt
Ostindien. 465 Stadt. Beim Anbruch des Tages ist Benares stiller und öder als die meisten Städte gleicher Grpße. Alle Hauser sind geschlossen und die Buden mit Ketten verwahrt. Bei den ersten Strahlen der Sonne beginnt die Bevölkerung der heiligen Thiere sich zu regen. Die heili- gen Stiere durchziehen die Straßen oder legen sich mitten in den Weg. Wehe dem, der sie mißhandeln wollte. Nur mit einem leisen Schlage dars man sie auf die Seite treiben. Affen in Unzahl sieht man auf den Dächern und Vorsprüngen der Tempel herumklettern und Tauben und Papageien flattern von den flachen Dächern nach allen Richtun- gen. Sobald es ganz Tag geworden ist, sieht man die Priester sich in die Tempel begeben und Andächtige das geheiligte Wasser des Gan- ges in die Pagoden tragen. An den Pforten derselben stehen Blumen- händler mit ihren Körben; besonders kaufen die Frommen von ihnen lange Guirlanden von weißen, rothen und gelben Rosen, um sie den Göttern in den Pagoden darzubringen, deren Fußboden damit überschüt- tet ist. Hierauf öffnen sich die Buden und um 10 Uhr des Vor- mittags erreicht der Tumult seine höchste Stufe. Die reichen Waaren, welche in dieser großen Stadt in Menge zu haben sind, werden nach der eingeführten Sitte nicht öffentlich ausgestellt, nur in den Schnei- dersbuden sieht man einige der kostbarsten Produkte der Nachbarländer. Die Buden der Kupferschmiede sind mit Gefäßen aller Art ausgeziert, die theils zum Hausgebrauche, theils für die Tempel bestimmt sind; in jeder Straße sitzen Wechsler, vor ihnen Haufen von Kauris (f. unten), neben ihnen. Säcke mit Kupfer- und Silbermünze; daneben treiben Zuckerbäcker, Färber rc. ihr Gewerbe offen auf den Straßen. Überall erblickt man die mit Götzenbildern verzierten Wohnungen der Dschoghis (s. oben), aus denen ein unaufhörliches Geklingel und Ge- fiedel von allerlei musikalischen Justrumenten hervorschallt. Fromme Bettler von jeder Hindusekte, alle nur möglichen Mißgestalten von dem ekelhaftesten Aussehen, dem Auge darbietend, mit Kreide und Kuhmist bedeckt, fassen in allen möglichen, oft abscheulichsten Bußstellungen die vornehmsten und gangbarsten Straßen in langen Reihen zu beiden Sei- ten ein. Die Menge von Blinden setzt in Verwunderung, aber der Aussätzigen sind kaum weniger und häufig sieht man schwärmerische Büßer, die sich Arm und Bein verrenken, damit sie in derselben Stel- lung bleiben, oder die Faust eingepreßt halten, bis am Ende die Fin- gernägel ins Fleisch wachsen und auf dem Rücken der Hand wieder zum Vorschein kommen. Unaufhörlich dröhnt einem das fürchterliche Klagen und Jammern in den Ohren: „Aga Saib> Topi Saib (so nennt man hier die Europäer) gieb mir was zu essen." Agra, in der Provinz gleiches Namens, sonst eine der ansehn- lichsten Städte Ostindiens, steigt an der Südwestseite des hier breiten Dschumnaflusses großartig im Halbkreise empor und erscheint aus der Ferne, auch in ihrem jetzigen Verfalle, fast noch eben so herrlich wie zur Zeit ihrer Blüthe, wo sie die Residenz des Groß-Moguls Akbü? Eannabich's Hülfsbuch. Ii. Band« 30
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