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1. Bd. 2 - S. 504

1837 - Eisleben : Reichardt
504 Asien. kein Mann dadurch von der Ehe mit einem solchen Mädchen abge- schreckt wird. Hat sich ein Mädchen aber einmal verehelicht, so ifts mit seiner Freiheit zu Ende und die strengste Beobachtung der Keusch- heitsgesetze tritt nun ein. Der Ehehruch gilt als ein entehrendes Verbrechen worauf für beide Theilnehmer der Tod steht, der jedoch oft in schwere körperliche Strafe verwandelt wird. Die Frauen der Ana- miten, unter denen es viele giebt, die hübsch, ja recht schön sind, und auch ein angenehmes Benehmen zeigen, werden zwar nicht wie in den meisten Landern des westlichen Asiens eingesperrt, aber doch mit Harte und Verachtung behandelt. Ein Ehemann darf gesetzlich seine Frau aufs Härteste züchtigen, wenn sie nur nicht daran stirbt, ohne, daß er zu irgend einer Rechenschaft gezogen werden darf. Auch müssen die Weiber einen großen Theil der Arbeiten verrichten, welche in andern Landern dem männlichen Geschlechte allein zukommt. Sie pflügen, eggen, erndten, tragen schwere Lasten, führen den Handel in den Kauf- laden und sind Trödler und Geldwechsler. Ja in den meisten dieser Geschäfte gelten sie für erfahrner und einsichtsvoller als die Männer, und man sieht hier häufig, daß der Mann durch die Arbeit der Wei- der erhalten wird. Ihrem Charakter nach sind die Anamiten ein sanftes, gutmü- thiges, freundliches, höfliches, gelehriges Volk. Obgleich Diebstahl bei ihnen häufig ist, so ist das Verbrechen des Mordes doch beinahe unbe- kannt. Gegen Fremde sind sie gesprächig, freundlich, aufmerksam und nachgiebig und in ihrem ganzen Benehmen zeigen sie einen Grad von angeborner Höflichkeit und Feinheit, den man in den übrigen Theilen Indiens beim großen Haufen vergeblich sucht. Die niedern Klassen zeichnen sich durch ihre Lebendigkeit aus. Man sieht sie immer spre- chen und lachen, meistens in einer muntern und lustigen Stimmung und sehr geneigt sich der Freude hinzugeben, so daß man sie für die lustigsten unter allen Asiaten halten muß. Aber eben so gewöhnlich ist auch bei ihnen der Übergang zur Betrübniß und zu andern widrigen Gemüthsbewegungen. Die höhern Klassen *) nehmen hingegen die ernsthafte und feierliche Haltung der Chinesen an. Sieht man das lustige und fröhliche Wesen der Anamiten, so sollte man glauben, daß sie unter einer der mildesten und wohlthätigsten Regierung in der Welt lebten, wahrend sie doch die Sklaven eines höchst despotischen Monar- chen sind; denn sie haben im Grunde nichts, was sie ihr Eigenthum nennen könnten, nicht einmal das Leben. Diese despotische Regierung, unter deren beständigem Druck die Anamiten seufzen, äußert auf den moralischen Character dieses Volks und auf die Erniedrigung ihres Geistes den nachtheiligsten Einfluß, und hat sie verschmitzt, furchtsam, *) Es giebt eigentlich 2 Klassen unter den Anamiten, nämlich das Volk und den Adel, oder die Mandarinen. Oer Adel ist persönlich und erblich.
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