1. Bd. 2
- S. 626
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
626
A sien.
nach der Insel Whampoa oder Whamp u (bei den Chinesen H u-
ang-fu genannt) gelangt, so muß es in der dasigen Rhede oder
Hafen vor Anker gehen, einen Hong oder Sicherheits-Kaufmann
annehmen, eine geschriebene Deklaration über seine Waaren abgeben
und bezeugen, daß es kein Opium mit sich führe, dessen Einfuhr verbo-
ten ist *). Nachdem nun die Hongs die Zölle und andere besondere
Abgaben von den vorzüglichsten Handelsartikeln erhoben haben, darf erst
das fremde Schiff seine Waaren ausladen. Verletzt ein Schiff die
bestehenden Gesetze, so erpreßt die Regierung von den Hongs bedeu-
tende Geldsummen, bis sie zufrieden gestellt ist; im Falle, daß Schmug-
gelei oder andere Unregelmäßigkeit vorgefallen ist, wird das Schiff an-
gehalten und die Verbindung unterbrochen, bis die Strafe, die auf
eine willkührliche und höchst ungerechte Weise bestimmt wird, erlegt
ist. Die Britten haben sich zu verschiedenen Malen, vorzüglich in den
neuesten Zeiten bemühet, sich von dieser Abhängigkeit von den Hongs
und von den Plackereien, die aus diesem System der Sicherheits-
Kaufleüte entspringen, zu befreien und eine neue Handels- und Frem-
den-Ordnung zu erzwingen, allein die Chinesen haben nicht nachgege-
den. Hierzu kommen noch eine Menge herabwürdigender Behandlungen
und selbst Beschimpfungen sowohl von den Beamten als von der
Seite des Pöbels und Betrügereien aller Art, denen die Europäer bei
der Vollziehung der Handelsgeschäfte mit den Hongs ausgesetzt sind,
daß nur der große Gewinn dabei im Stande ist, sie zur Fortsetzung
dieses Verkehrs zu ermuntern. In den Jahren 1828—1830 kamen
513 auswärtige Seeschiffe an. Im Durchschnitt betragt die Ein- und
Ausfuhr der Nordamerikaner in Canton gegen 8 Millionen Dollars,
und die Gefammtfumme der Brittischen Einfuhr 20—23 Millionen
Dollars, worunter in dem Jahre 1828 bis 1829 für 12£ Millionen
Dollars Opium. 1831 war die Einfuhr des Opiums auf 20,108
Kisten, zu einem Ankaufspreise von 18 Millionen Dollars angewach-
sen **). Die Hauptausfuhr besteht in Thee (f. oben). Auf solche
*) Jedoch macht das Opium ein Hauptartikel des Schmuggelhandels
und des Verkehrs mit China aus. Man sehe hierüber Band Ii. S»
104 unsers Hülfsbuchs.
**) Mit dem Opiumschmuggeln beschäftigen sich besonders die Bewohner
von Lintin, einer Macao gegenüber gelegenen kleinen Insel. Diese
Menschen besitzen großen Muth und Entschlossenheit, Eigenschaften,
die ihnen sehr nöthig sind, um den zu ihrer Aufsicht bestellten Chine-
sischen Kriegsjunken zu entgehen und ihr im Voraus zum Tode ver-
urtheiltes Leben zu vertheidigen. Die Fahrzeuge, womit sie diesen
eben so gewinnreichen als gefahrvollen Handel treiben, sind vortreff-
lich gebaut, leicht, obwohl sehr lang, gewöhnlich ohne Secgel, aber
mit zahlreicher Mannschaft versehen, deren Ruderschläge sie blitz-
schnell durch den Fluß führen, wenn sie zur Nachtzeit, nachdem sie
heimlich an Bord der Europäischen Schiffe ihre stets im Voraus
bezahlte Ladung genommen, geräuschlos, längs der cntferntern Ufer
hinsteuern oder mitten im reißenden Stome sich fortbewegen, um ih-