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1. Bd. 2 - S. 651

1837 - Eisleben : Reichardt
651 Chinesisches Reich. Jahrhunderts kommen indeß die Niudschen wieder in der Geschichte vor unter dem Namen Mand sch u, allein noch im Jahre 1586 waren sie ein unbeachtetes Gebirgsvolk; doch schon 1610 machten sie ver- heerende Einfalle in die nördlichste Chinesische Provinz Tschy-li und schleppten unermeßliche Beute aus dem reichen Chinesischen Tieflande in ihre Gebirge, bis sie 1644 sich zu Herren Chinas machten und ihre Fürstenfamilie den Chinesischen Thron bestieg, auf welchem sie noch herrscht, wie wir schon oben bei der Geschichte Chinas erzählt haben. Indeß hat sich wohl nie ein eroberndes Volk mit einer solchen Mäßigung betragen, als die Mandschu in China; sie haben nicht nur die beste- henden Einrichtungen des Reichs unverändert gelassen, sondern auch die höhere Civilisation des von ihnen besiegten Volks ehrend, dieselbe nach und nach angenommen und seitdem schnelle Fortschritte in Kul- tur, Wissenschaften und Bildung aller Art gemacht, und die aus ihrer Mitte hervorgegangenen Kaiser Kanghi (1662—1722) und Kieng- long *) (1735—1796) haben sich als Regenten, Heerführer, Philoso- phen, Dichter und in verschiedenen Zweigen der Literatur ausgezeichnet. Um sich aus dem neuen Chinesischen Throne zu befestigen, versetzten sie den größten Theil der Mandschu aus ihrer Heimath in das ergiebi- gere und schönere China, und um ihre Zahl zu verstärken, zogen sie so viel Tungusen und andere Stammgenossen als möglich an sich, und die Regenten gaben sich alle Mühe, diese, die sie auch als ihre natür- lichen und treuen Anhänger der neuen Dynastie betrachteten, mit den eigentlichen Mandschu in einen großen politischen Körper zu verschmel- zen. Daher kommt es, daß das benachbarte Russische Gebiet von dem Tungusenstamme äußerst entvölkert ist und daß auch noch jetzt derglei- chen Stammgenossen südwärts auf Chinesisches Gebiet ziehen. Dage- gen erhält die Mandschurei vom Süden her nach und nach eine neue Bevölkerung durch Chinesen, die im Falle eines begangenen Verbrechens hieher ins Exil geschickt werden. Die Mandschusprache ist weich, weit leichter als das Chinesische und hat sich in neuern Zeiten, so wie die Mandschu selbst, sehr ausgebildet. Vor nicht völlig dritthalb hundert Jahren waren sie noch bloße Nomaden und konnten weder lesen noch schreiben, gegenwärtig aber haben sie schon eine reiche Literatur, weil alle Chinesischen Bücher von einigem Werth auf Befehl der Kaiser von einem besonders dazu verordneten Ausschuß in diese Sprache übersetzt sind, so daß diese als wichtig zum Verständniß der so reichhaltigen Chinesi- schen Literatur für die Europäer zu betrachten ist. Auch wird am Hose zu Peking die Mandschu- und nicht die Chinesische Sprache gesprochen. Wiewohl die Mandschurischen Truppen den besten Theil der Chinesi- *) Kien-long entließ zu Ie-Hol die Brittische Gesandschaft mit folgenden denkwürdigen Worten: „Ihr dürft nicht glauben, daß ich meine Zeit der Schauspielen verderbe. Ein Kaiser hat genug Geschäfte; aber an festlichen Tagen, wie der Tag meiner Geburt ist, mache ich nach der Sitte memer Borfahren eine Ausnahme."
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