1. Bd. 2
- S. 755
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Ägypten. ,
chen und lachen laut und verabreden mit einander Badegesellschaften,
Spaziergänge in Gärten und Besuche bei Freundinnen, die mehrere
Tage dauern dürfen. Ein verschlossenes Gitter trennt in der Kirche
die Weiber von den Männern. Im Allgemeinen sind die Koptinnen
ziemlich hübsch, nur ist die Entwicklung ihrer Körperformen etwas
schwerfällig und. es fehlt ihnen an der ungezwungenen Leichtigkeit und
Anmuth, welche die Araberinnen auch unter dem Schleier behaupten.
Die muntern, flinken Araberinnen wissen aus ihrem Schleier eine Zierde
zu machen, ihre Kleidung läßt beinahe ihre ganzen Umrisse errathen
und ihr Gang entzückt durch seine Leichtigkeit und Zierlichkeit, wäh-
rend die Koptinnen mit ihrem Schleier und ihren Pantoffeln langsam
einherschleichen. Ihre Gesichtsfarbe ist meist bleich und matt. Selten
findet man muntere, von leidenfchschaftlichen Ausdruck belebte Physiog-
nomien. Die Araber sagen von ihnen: ,,es sind wandelnde und
sprechende Leichen, sie haben kein Blut unter der Haut."
Die wichtigste Handelsstadt Ägyptens ist Alexandria, Alex«
andrien, in Unterägypten, sehr niedrig auf einer Landzunge der san-
digen Meeresküste gelegen, welche das Meer von dem sehr flachen und
jetzt fast ganz ausgetrocknetem See Mareotis oder Mariut trennt.
Nördlich von Alexandria springt aus der Landzunge eine andere kleinere
vor, welche die beiden Häfen der Stadt auf der Nordfeite vor den
Winden schützt. Der Hafen auf der Ostseite, der große oder neue,
auch der Hafen von Asien genannt, ist unsicher und hat an seinem
Eingänge zwei Klippen und einen felsigen Grund; sicherer und besser
ist der Hasen auf der Westseite, der alte, oder kleine auch der Ha-
fen von Afrika genannt, dessen Eingang zahlreiche Klippen verthei-
digen, und in welchen der oben beschriebene Kanal Mahmudie, der aus
dem 10 M. entfernten westlichen Nilarme bis Alexandria geführt ist,
ausläuft. Sonst war dieser alte Hafen den christlichen Schiffen ver-
schlossen, seit 1813 jedoch hat Mehmed Ali ihn den Schiffen aller
Nationen frei gegeben. Die Stadt ist mit einer Mauer, vielen Thür-
men und einem Graben befestigt; außerdem werden alle Zugänge von
der See- und Landseite durch Batterien und Forts vertheidigt.
Alexandrien ist der Ort, an welchem der ankommende Europäer
gewöhnlich mit großen Erwartungen von dem Wunderlande Ägypten
landet und sich wenigstens in Absicht dieser von Alexander dem Gro-
ßen erbauten und einst so volkreichen und blühenden Stadt sehr ge-
täuscht sieht. Die Französischen Reifenden Caldavene undbreu-
very, welche 1830 Ägypten betraten, machen folgende Beschreibung
von ihrer ersten Ankunft in diesem Lande und in Alexandria: „So
wie wir näher kamen, erhoben sich nach und nach über den Meeres-
spiegel die Säule des Pompejus, die Forts, der Pallast des Pascha, die
Masten der Fahrzeuge und endlich Ägyptens flache und sandreiche Küste.
In den Hafen angelangt, konnten wir unsere Blicke nicht losreißen
von den zahllosen Fahrzeugen, welche des Wassers Oberflache durch-
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