1. Bd. 2
- S. 760
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Afrika.
den da, die^ gleich den Wellen des Nil vorübergeflossen sind. Die
öde Sandwüste, die sie von dem üppigen Stromthale trennt, bezeichnet
so zu sagen, den Übergang vom frischesten, heitersten Leben, zum dü-
stern, traurigen Todesschlaf." Zu den Merkwürdigkeiten der Citadelle
gehören auch der sogenannte Iosephspalläst und Josephsbrun-
n e n, die beide ihren Namen von dem Khalisen haben, der sie er-
bauen ließ. Der erste ist eigentlich ein prächtiges Kornmagazin, dessen
herrliches Dach auf den schönsten Säulen von rosenrothem Granit
ruhen. Nach Balbi ist das Dach dieses Gebäudes vor einigen Jah-
ren durch Feuer zerstört worden, und man sey Willens das Ganze ab-
zutragen. Der Josephsbrunnen hat 20 F. im Quadrat, ist 276 F.
tief in den Felsen gehauen und man kann auf einer sehr steilen Wen-
deltreppe, gleichfalls in den Fels gehauen, bis zur Wasserfläche hinab-
steigen. Er ist in 2 Stockwerke oder Abtheilungen abgetheilt. Am
untern Ende des ersten Stockwerks setzen 2 Ochsen ein Rad in Be-
wegung, um durch ein Paternosterwerk (Maschine zur Hebung des
Wassers) das Wasser herauf zu winden und in einen Behälter zu er-
gießen^ aus welchem das Wasser durch ein zweites Hebewerk bis zur
obern Öffnung des Brunnens gehoben wird. Eine Öffnung über dem
ersten Stockwerk dieses Brunnens wird für das Grab des Patriarchen
Joseph gehalten.
Kairo hat von N. nach S. eine Lange von und von O.
nach W. eine Breite von 1 Stunde, und eine Bevölkerung, die zu
200.000 bis 460,000 Seelen angegeben wird. Jomard rechnet
264.000 ohne die beiden, nahe am Nil gelegenen Städte Alt-Kairo
(wovon ein Theil Fostatt heißt) und Bulak, welche auch oft mit
zu Kairo gerechnet werden und zusammen von 20,000 Menschen be-
wohnt sind. Mit diesen beiden Städten, wovon Bulak als der Hafen
von Kairo anzusehen ist, möchte man wohl die Bevölkerung von Kairo
am richtigsten auf 300,000 Seelen anschlagen können. Tritt man
in das Innere dieser Stadt, so glaubt man sich in ein wahres Laby-
rinth versetzt, wenn man diese krummen und winkligen, von Unrath
strotzenden und ungepflasterten Straßm durchstreift, wo Fetzen von
Matten den Sonnenstrahlen den Zugang verwehren und die von einer
doppelten Reihe von Pallasten, Moscheen und Hausern besetzt sind,
von welchen letzteren viele zwar ein schönes Aussehen haben, aber un-
regelmäßig gebaut sind und mitten unter einer Menge Trümmer und
verfallener Gebäude sich befinden. Die Straßen sind mitunter so enge,
daß die Balköne der entgegengesetzten Hauser sich beinahe berühren,
und die Hauser, wie überall in Ägypten aus Lehm oder Backsteinen
sehr schlecht gebaut. Der größte Theil hat 2 auch 3 Stockwerke; sie
werden bloß durch die Fenster des Hosraumes erleuchtet, sind auf die
Straße zu vergittert und bieten den Anblick Europäischer Gefängnisse
dar. Die Wohnungen der Großen und Vornehmen unterscheiden sich
von den andern auf den ersten Anblick durch ihre bessere Bauart,