1. Bd. 2
- S. 793
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
793
Habesslnksn.
sehen und seine Weisheit zu hören, und welche die Äthiopier für eine
ihrer Königinnen ausgeben, einen Sohn, Namens Menihelek er-
zeugt habe, welcher der erste König der Habessiniec geworden sey.
Won diesem bis auf den König Bazen soll eine Reihe von 24 Kö-
nigen regiert haben, über welche aber die Geschichte nichts Zuverläßi-
ges meldet. Nach diesem, unter dessen Regierung Jesus Christus ge-
boren wurde, herrschten wahrend eines Zeitraumes von 327 Jahren,
13 Könige bis auf Ab re ha und Atzbeha, den ersten christlichen
Königen, zu deren Zeit das Christenthum, durch den Missionar Fru-
mentius, der auch der erste Habessinische Bischof wurde, sich in Ha-
bessinien verbreitete, dessen Geschichte von den Zeiten dieser beiden er-
sten christlichen Könige an nun lichter und gewisser wird. Im loten
Jahrhunderte wurde die Reihenfolge der Könige aus dem Salomon-
schen Stamme durch die Zagäische Dynastie unterbrochen, die sich
340 Jahre auf dem Throne erhielt, bis um das Jahr 1300 mit
Aicuna-Amlac die Salomonsche Dynastie wieder zum Besitz der
Krone ihrer Vorfahren gelangte. Und auch die jetzigen Könige von
Habessinien, welche den Titel Negus (Kaiser) führen, ^stammen aus
denselben.
Als im 7. Jahrhunderte die Araber sich Ägyptens bemächtigen,
daselbst das Christenthum unterdrückten und den Islam verbreiteten,
wollten sie auch mit List und Gewalt die Habessinier zur Annahme
desselben bewegen; allein diese blieben unerschütterlich ihrem christlichen
Glauben getreu und erhielten sich unabhängig vom Muhamedanischen
Joche. Doch war durch die Herrschaft der Muhamedaner über Ägyp-
ten und durch die in Europa wahrend des Mittelalters verbreitete Fin-
sterniß und Barbarei die Habessinische christliche Kirche bei den Euro-
päern in Vergessenheit gerathen, bis man erst im Anfang des 16.
Jahrhunderts wieder in Europa Kunde von derselben erhielt durch Rei-
sende, welche Johann Ii., König von Portugal, zur Erforschung der
unbekannten Gegenden nach Afrika gesandt hatte, und die zum ersten-
mal von einer christlichen Kirche sprechen hörten, die seit den ersten
Jahrhunderten in den Gebirgen Habessiniens bestehe und den siegreichen
Waffen der Araber widerstanden habe. Jetzt bildeten sich Freundschafts-
verhältnisse zwischen den Monarchen Portugals und Habessiniens, so
daß die Portugiesen, als um diese Zeit die Muhamedanischen Bewoh-
ner des benachbarten Küstenlandes Adel und die wilden, nomadischen
Gallas in Habessinien eindrangen und den Staat seinem Untergange
nahe brachten, dem damaligen Könige Claudius, mit dem Beinamen
Atznaf-^>aghed, auf sein Ansuchen, im Jahre 1641 Hülsstruppen
schickten, wodurch der Staat gerettet ward. Jedoch die später entstan-
denen inneren Zerrüttungen und daraus erfolgten Bürgerkriege haben
das Ansehn und die Macht der Könige immer mehr geschwächt, so daß
sie gegenwärtig bloße Titularkönige, nur dem Namen nach Souveräne
sind ohne Macht und Einfluß auf den Staat und ohne weitere Ein-