1. Bd. 2
- S. 847
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Kirri näherte, sah er seinen Bruder Richard den Fluß herabgefallen
kommen, verfolgt von demselben Negergeschwader, das ihn angegriffen
und geplündert hatte. Im nächsten Augenblicke war auch schon Ri-
chards Kanoe eingeholt und von dem Anprall der weit starkem und
großem Fahrzeuge fast in den Grund verfenkt. Ein zweiter Stoß
stürzte das Kanoe um, wahrend einige der Räuber alles, was noch
von dem Gepäck der Reisenden zu erwischen war, herausholten. Ri-
chard Lander selbst war ins Wasser gefallen, und da er rings um sich
her nichts als grimmige Gesichter erblickte, so schwamm er auf ein
großes Kanoe zu, worin er einige Weiber und Kinder bemerkte, in der
Hoffnung, hier wenigstens mehr Mitleid zu finden. Von einem rie-
senmäßigen Neger, der sich in diesem Boote mitten unter den Weibern
befand, ward er ergriffen und in das Kanoe geworfen, wo er sich un-
ter Weibern und Kindern sah, denen Thränen des Mitleids von den
Wangen stoffen. Jeden Augenblick eines schrecklichen Todes gewärtig,
erhob er seine Augen und sah in geringer Entfernung seinen Bruder,
der mit einem kummervollen Blick seinen Arm ausstreckte und mit dem
Finger nach dem Himmel zeigte, gleichsam als wenn er damit sagen
wollte ,,vertraue auf Gott!"
Alle Kanoes fuhren nun nach Kirri, wo ein Palaver oder
Kriegsrath gehalten werden sollte. Man stieg ans Land, was jedoch
den weißen Männern nicht erlaubt wurde, die in ihren Kanoes, ohne
Kopsbedeckung dem heißen Sonnenbrand ausgesetzt, zurückbleiben muß-
ten. Gegen Mittag wurden mehrere Kanonen abgefeuert, zum Zeichen,
daß alle zum Palaver sich versammeln sollten. Bald darauf wurde in
allen Kanoes nach den Sachen nachgesucht, die den Landers geraubt
worden waren, und was sich vorfand, mitten auf dem Marktplatze nie-
dergelegt. Indeß das Meiste war im Flusse verloren gegangen, wor-
unter John Landers Tagebuch. Die beiden Lander wurden gegen
Sonnenuntergang in das Palaver berufen und ihnen hier der Be-
schluß der Versammlung bekannt gemacht. Was von dem Eigenthum
der weißen Männer gerettet worden, sollte ihnen zurückgegeben, und
derjenige, der zuerst den Angriff gemacht, enthauptet werden. Was
die Fremden selbst betraf, so sollten diese als Gefangene betrachtet und
dem Könige Obie von Eboe zugeschickt werden, der nach Gutdünken
über sie verfügen möge. Am folgenden Tage wurden beide Brüder,
in Folge des Beschlusses, in ein Boot gebracht, und mit ihren Leuten
den Fluß abwärts nach Eboe geführt, um hier dem Könige zur Ver-
fügung überlassen zu werden. Dieser König verlangte als Löfegeld für
sie so viel Englische Waaren, als der Preis für 20 Sklaven betragt.
Da sich gerade der König Boy, Obies Schwager und Sohn des
Königs Forday von Braßtowe, des Sklavenhandels wegen zu Eboe
aufhielt, so erbot sich derselbe, sie auszulösen und in den 9hm oder Braß,
Anen Mündungsarm des Flusses, wo ein Englisches Schiff vor Anker
liege, zu geleiten, wenn sie ihm für J 5 Sklaven in Werth Europäische