1. Bd. 2
- S. 862
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Afrika.
fodios bildete sich unter den unterjochten Völkern ein Bund zur Wie-
dererlangung ihrer Unabhängigkeit. Viele Provinzen schüttelten zwar
das Joch ab, allein die Tapferkeit und Geschicklichkeit des Sultan
B ello, welcher seinem Vater Danfodio in der Regierung folgte, wußte
das Meiste dieser Lander sich wieder zu unterwerfen und zu dem bis
jetzt bestehenden mächtigsten Reiche Nigritiens zu verbinden und zu be-
festigen, und wahrscheinlich wird es ihm auch gelingen das in Ober-
guinea, nahe an der Meeresküste gelegene Königreich Parriba zu erobern,
in dessen Herzen die Fellatas sich schon zur Zeit, als Lander dieses
Land durchreiste, festgesetzt, Städte mit starken Wällen und Graben be-
festigt hatten. „Außer Raka, sagt Lander, das ganz von Fellatas
bevölkert und gewaltig befestigt worden ist, gründeten sie in neuester
Zeit eine andere große Stadt, die bereits Katunga an Reichthum,
Bevölkerung und Umfang übertrifft und die zwei Tagereisen im Um-
fange haben soll, und den Namen Allorie führt." Gelingt es
ihnen, ganz Parriba zu unterjochen, so haben sie ihr nächstes Ziel,
nämlich die Seeküste, von der sie gegenwärtig noch etwa zwei Brei-
tengrade entfernt sind, erreicht. Aber dies ist wahrscheinlich nicht der
letzte ihrer Wünsche, denn häufig hört man sie prahlend sagen, daß sie
die ganze Welt erobern könnten, wenn das Meer sie nicht daran ver-
hinderte.
Die Regierungsform der Fellatas ist eine völlige Despotie. Die
Statthalter der Provinzen regieren so lange, als sie der Gunst des
Sultans sich erfreuen, mißfällt aber ihr Betragen, so setzt man sie
ab, und dann fällt, was sonst erst bei ihrem Tode geschehen wäre, ihr
ganzes Eigenthum dem Sultan zu. Die erledigte Stelle wird nun
demjenigen übertragen, welcher das höchste Gebot thut, und gewöhnlich
ein naher und reicher Verwandter des Sultans ist. Alle niedern Äm-
ter in den Städten werden ans ähnliche Weise von den Statthaltern
verkauft. Hinsichtlich der Kultur stehen die Fellatas ohne allen Zwei-
fel auf einer weit höhern Stufe, als die meisten andern Negervölker;
und diese höhere Civilisation scheint mit der Muhamedanischen Reli-
gion bei ihnen eingewandert und von den Arabern ausgegangen zu seyn.
Sie verstehen die Kunst, das Eisen zu schmieden und die für mannig-
faltige Handarbeiten und besonders die für den Ackerbau nothwendigen
Werkzeuge zu verfertigen; sie bauen nicht allein verschiedene Getreide-
arten und Gemüse, sondern auch Baumwolle und Indigo, spinnen
und weben die Baumwolle und' bereiten Leder, ja sie geben den aus
Baumwolle verfertigten Zeugen so wie dem Leder mancherlei Farben
und den erstern sogar eine glänzende Appretur und verfertigen^ aus
dem Leder rothe und gelbe Kissen, Schuhe, Stiefel, Zäume,
Sattel ic. Auch ihre Kleidung zeugt von einer größerem Civilisation.
Der größere Theil der Wohlhabenden trägt eine rothe Kappe mit einer
Quaste von blauer Seide und einen weißen Turban, dessen einer
Zipfel die Augen beschattet, während ein anderer Zipfel Mund und