1. Bd. 2
- S. 875
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Scnega mbien.
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und aus der Sahara als trockene Nordostwinde kommen. Seltsam
ist es, daß wahrend diese Winde auf die Eingebornen höchst nachthei-
lig wirken und unter andern Augenübel verursachen, unlängst ange-
kommene Fremde sie als sehr erfrischend und gesund rühmen, indem
die Lust trocken wird, der Körper seine Elastizität wieder erhalt, die
Krankheiten aufhören und die Fremden sich erquickt, erleichtert und
neu gestärkt fühlen. Während der Dauer der Harmattans ist das
Geräthe in den Häusern mit einem feinen Sandstaub bedeckt und
Tische und Stühle bekommen Risse.
Zu den merkwürdigsten Gewächsen dieses Landes gehört ohne
Zweifel der Baobab, Affenbrodbaum (Adansonia digitata,
nach dem berühmten Naturforscher Adanson, der im 18. Jahrhunderte
lebte und Afrika, vorzüglich Senegambien bereiste, so genannt), ein
Baum, dem man wegen seiner Größe mit Recht den Riesen, den
König des Afrikanischen Pflanzenreichs nennen darf. Sein Stamm
erreicht zwar nur bis zu den Zweigen eine Höhe von 12 bis 15 F.,
aber die Dicke desselben beträgt im Durchmesser 25—27 F. und mit-
hin im Umkreise 75—78 F., so daß 12 Männer ihn nicht umfassen
können. Die Krone wird gegen 70 F. hoch und breitet sich auf
120 F. weit aus. 'Die Wurzeln haben zum Theil eine Länge von
160 F. In den ersten Jahren wächst er schnell, nachher aber so
langsam, daß Adanson glaubt, dieser Baum gelange zu einem Alter
von mehreren Jahrtausenden *). Die ungeheuren Zweige senken sich
zuletzt, von ihrer Schwere niedergedrückt, mit ihren Spitzen auf die
Erde herab und verdecken, große Lauben bildend, den Stamm. Ein
solcher Baum bedeckt zuweilen eine Fläche von beinahe 200 shruthen
oder von ohngefähr 1| Ackern. Das Holz ist leicht, weiß und sehr
zart, daher auch der Stamm bei der geringsten Verletzung hohl wird;
die etwa 5 Zoll langen und 2 Zoll breiten Blätter sind gefingert, die
Blüthen weiß und die Früchte haben eine längliche, an beiden Enden
zugespitzte Form, sind gegen 18 Zoll lang und 6 Zoll breit, hängen
an fast 2 F. langen Stielen, und gleichen einer Melone. Die schwarz-
braune Schale der Frucht ist hart und holzig und mit 13 Furchen
gerippt, welche Anfangs mit einer.dünnen, seinen und kurzen Wolle
von grünlicher Farbe überdeckt sind. Mit der Reife verliert sich diese
Wolle und läßt die glatte, glänzend polirte Schale überall bloß. Sie
enthält ein Mark oder Fleisch von einem angenehmen säuerlichen Ge-
schmack, das frisch und getrocknet gegessen und als ein Hauptmittel
gegen die Ruhr benutzt wird. Aus der Rinde des Baums sollen die
Neger, wie Mollien sagt, ein unzerstörbares Tauwerk verfertigen. Übri-
*) Adanson fand in der Mitte des vorigen Jahrhunderts an Bäumen,
die erst 6 F. dick waren, Namen von Seefahrern aus dem 15. und
16. Jahrhunderte eingeschnitten, und diese Einschnitte hatten sich noch
nicht sehr erweiteet.