1. Bd. 2
- S. 881
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Senegambien.
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pfung seiner Mutter nie. Besonders gewöhnen sie ihre Kinder zur
Wahrheitsliebe. Will die Mutter den Sohn rühmen, so sagt sie, er
hat nie eine Unwahrheit geredet. Die Erziehung ist ganz in den
Handen der Frauen. Letztere werden gut behandelt, genießen Achtung
und Einfluß, und nehmen an den öffentlichen Vergnügungen Theil.
Streitigkeiten unter ihnen entscheidet der Mann. Ist aber das Anse-
hen desselben nicht hinreichend, den Hausfrieden zu erhalten, so nimmt
er seine Zuflucht zum Mumbo-Jumbo, einer Art von Popanz,
das Schrecken der Weiber. Dies ist ein aus Baumrinde verfertigter
kolossaler Mann, mit verschiedenen Farben bemalt, der gewöhnlich an
einem Baume in geringer Entfernung von dem Dorfe aufgehängt
wird. Sein Kopf ist mit einer ungeheuern spitzigen Mütze bedeckt,
welche niagifche Figuren schmücken, sein übriger Anzug besteht aus
einem langen Nocke mit weiten Ärmeln. Mit Einbruch der Nacht,
erscheint er, von mehreren Marabuts begleitet, nachdem er schon vorher
seine Ankunft durch fürchterliches Schreien in den nahen Wäldern
verkündet hat, auf dem gewöhnlichen Verfammlungsplatze (Bentang)
der Einwohner eines Ortes, wo alle, auch die Weiber sogleich erschei-
nen müssen. Die Ceremonie beginnt mit Tanzen und Gefangen, die
bis Mitternacht fortdauern. Wehe derjenigen Frau, die eifersüchtig
auf ihbe Genossen und nach der Herrschaft im Haufe strebend, die
Ruhe desselben gestört hat. Sofort ruft sie die furchtbare Stimme
des Mumbo-Jumbo vor seinen Richterstuhl, seinem Ausfpruche folgt
die Vollziehung. Sie wird ergriffen, entkleidet, an einen Pfahl ge-
bunden und mit der Ruthe des Mumbo-Jumbo bis aufs Blut durch-
gehauen, unter dem Spott und dem Gelächter der ganzen Versamm-
lung. Nach Beendigung der Ceremonie tritt alles wieder in seinen
gewöhnlichen Zustand. Mumbo-Jumbo verschwindet und am nächsten
Tage sieht man ihn wieder an der Stelle hangen, die er am vorher-
gehenden Abende einnahm. Diese mit einem unverletzlichen Geheimnisse
umhüllte Rolle wird abwechselnd durch die Mitglieder einer verborge-
nen Gesellschaft gespielt, deren Beschlüsse die Bevölkerung in Schre-
cken setzen.
Mit Unrecht betrachten die Weißen die Neger und besonders die
Mandingos als trage und unthätig. Das Klima selbst verbietet große
Anstrengungen, aber ein Volk, das sich alle seine Bedürfnisse verschafft,
kann man nicht faul nennen; daß sie nicht mehr thun, darf uns nicht
Wunder nehmen, da der größere Ertrag keinen Absatz findet. Die
Feldarbeit beschäftigt sie hinreichend in der Regenzeit, in den andern
Monaten treiben die an den Flüssen wohnenden Fischerei. Andere
jagen. Die Weiber bereiten Baumwolle und spinnen an der Spin-
del, die Männer weben und jene färben das Zeug ächt blau mit In-
digo. Dies sind die Arbeiten, welche jeder versteht. Als künstliche
Arbeiten gelten die Bereitung des Leders und das Schmieden des
Eisens. Dse meisten Schmiede arbeiten auch in Gold. Die Freien
Carmabich's Hülfsbuch. Ii. Band, 56