1. Bd. 2
- S. 902
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Afrika.
an sich brachte und hier eine kleine Anzahl freier Neger, Auswande-
rer aus Nordamerika, ansiedelte. Anfangs war die kleine Kolonie in
Gefahr, von den wilden Eingebornen erdrückt zu werden, nach und
nach aber entstand gute Nachbarschaft und Freundschaft. Von dem
Ende des I. 1823 erhob sich die Kolonie mit schnellen Schritten
zum Gedeihen und zu ausgedehntem Einstuß auf die benachbarten Ein-
gebornen. 1824 nahm sie den Namen Liberia an und die Stadt
auf dem Kap Mesurado, welche jetzt 2000 E.'hat und den Hauptort
der ganzen Kolonie bildet, wurde Monrovia genannt, zum Anden-
ken an den Präsidenten Monroe, der von Anfang der Beförderer
dieser Kolonie gewesen war. Eine mit Weisheit entworfene Verfassung
der Kolonie wurde bekannt gemacht, wodurch alle vernünftige Freiheit,
deren ungebildete Menschen fähig sind, geschützt, und gegen jede Art
verderblicher Ausschweifungen, Ursache des Mißlingens so mancher Ko-
lonie, Vorsorge getroffen ist. Eigenthümer des Bodens, den seine
Hände bebauen, genießt jeder der Freiheit, deren er immer empfang,
lich ist, so wie eines öffentlichen Schutzes und einer Sorgfalt, deren
er sich in seinem Geburtslande nie zu erfreuen gehabt hatte. Die Ko-
lonie befindet sich im glücklichsten Gedeihen und verspricht die günstig-
sten Aussichten für die Zukunft. Auf eine regelmäßige und zweckmä-
ßige Betriebsweise des Landbaus wird sorgfältig gesehen. Der Boden
der Kolonie ist reich und fruchtbar und kann nicht allein den Bedarf
decken, sondern auch Artikel für die Ausfuhr liefern; dabei ist das
Klima gesund. Die Kolonisten, lauter Neger, sind mit wenigen Aus-
nahmen, mäßig, gewerbfleißig, ordnungsliebend, frommen Gemüths und
wohl gesittet; ihre Kinder werden in guten Schulen unterrichtet, und
scheinen mit großer Lust zu lernen. Sie haben Pfarrer von ihrer
Farbe und Versammlungshauser, in denen jeden Sonntag regelmäßig
und mit gebührender Feierlichkeit Gottesdienst gehalten wird. Die wil-
den Eingebornen, mit denen die Kolonisten im besten Vernehmen leben,
enipsinden bereits den wohlthätigen Einstuß eines so wohlgeregelten
Nachbarstaates, lernen die Vortheile der Civilisation schätzen und sehen
ein, daß Civilisation und Religion die Übermacht verleihen, welche der
Mensch über seines Gleichen hat, und werden durch das Beispiel ihrer
eigenen, in der sittlichen und gesellschaftlichen Ausbildung so weit fort-
geschrittenen Stammgenossen bewogen, diese Eigenschaften, wodurch
jene größern Lebensgenuß und eine glücklichere Lage gewonnen haben,
sich ebenfalls zu eigen zu machen. Halt kein unglückliches Ereigniß
das fortschreitende Gedeihen dieser Kolonisten auf und schleichen sich
unter ihnen keine lasterhaften Gewohnheiten und sittlichen Gebrechen
ein, so werden diese Kolonisten, wie bereits der Anfang gemacht ist,
aufs wohlthätigste auf die Verbesserung der äußern Lage und auf die
Gesittung der bis dahin so rohen Eingebornen wirken. Bereits fan-
gen diese an einen großen Werth darauf zu legen und daher ihren
Kindern eine Europäische Erziehung geben zu lassen.