1. Bd. 2
- S. 915
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Inneres Südafrika.
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scher, und an den Indischen Ozean und hat eine sehr verschiedene Breite,
die von mehr als 30 bis zu 15 Längengraden, oder von 450 bis 220
Meilen wechselt. Diese ganze ungeheure Landstrecke, größer als ganz
Europa, ist bis jetzt den Europäern fast gänzlich unbekannt und bietet
noch ein unermeßliches Feld zu Entdeckungen dar. Am wenigsten un-
bekannt ist der kleine südlichste Theil, von dem Kaplande an bis ohn-
gefähr zum Wendekreise des Steinbocks, indem hier in den neuesten
Zeiten mehrere Europäische Reisende eingedrungen sind, die wir nicht
namentlich aufführen, sondern den Leser auf S. 717 dieses Bandes
verweisen, wo derselbe ihre Namen findet. Von den Entdeckungen
und Reisen des Franzosen Douville in dem mittlern Theile des innern
Südafrikas und ihrer geringen Glaubwürdigkeit haben wir oben bei
Niederguinea das Nöthige bemerkt.
Zu den in - diesem unbekannten Theile Afrikas lebenden Völkern
gehören die Gallas, deren schon oben bei Habessinien (Bd. Ii. S.
793) Erwähnung geschehen ist. Sie wohnen im nordöstlichen Theile
des innern Südafrikas, südlich von Habessinien, von welchem Lande
sie große Provinzen an sich gerissen haben, und westlich von den Kü-
stenländern der Somaulis und Sowaulis (Bd. Ii. S. 839). Von
Süden kommend, brachen die Gallashorden zuerst im I. 1537 in Ha-
befsinien ein, und haben sich seitdem hier sehr ausgebreitet, so daß die
Habesstnier mit den Waffen in der Hand auf ihren Gebirgen das
weitere Vordringen dieser Barbaren abzuwehren immerfort genöthigt
sind. Man theilt die in Habessinien hausenden Gallas in die Ver-
tu m a - G a l l a s d. i. die westlichen und in die Voren - Gal-
las, die östlichen. Man kennt in Habessinien ohngefähr 20 Stämme
Gallas, die ganz von einander unabhängig sind, jeder hat seinen eignen
Anführer und sie bekriegen sich oft unter einander. Sie sind von
mittlerer Statur, braun, in den tief liegenden Thälern schwarz, und
haben langes, schwarzes Haar. Ein großer Theil ist noch dem Fetisch-
dienst ergeben, ein anderer hat den Islam angenommen. Sic nähr-
ten sich früher als Hirtenvölker, von dem Ertrage ihrer Heerden, in
Habessinien haben sie Landbau zu treiben angefangen und zum Theil
die Kultur Habessiniens sich angeeignet. Als sie ankamen, waren sie
zu Fuße, lernten aber hier reiten und stellen jetzt auch Reiterei. Ihre
Waffen waren sonst nur Lanzen von Holz, deren Spitze im Feuer
gehärtet, manchmal vergiftet war, und ihre Schilder bestanden in Ochsen-
häuten. Eisen war selten bei ihnen, ihre Kleidung ein Fell um die
Lenden geschlagen, das Haar salbten sie mit Fett und Butter und um-
wickelten dasselbe mit Ochsendärmen. Auf ihren Kriegszügen ziehen sie
wü der größten Schnelligkeit, schwimmen über reißende Ströme; etwas
gerösteter Kaffee mit Butter dient ihnen auf ihren Kriegszügen zur
Nahrung, Hunger und Mangel ertragen sie bewundernswerth. Mit
Geschrei stürzen sie auf den Feind, nur halten sie den Kampf nicht
lange aus; Verheerung bezeichnet überall ihren Zug. Gemeiniglich
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