1. Bd. 2
- S. 918
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
918
Afrika.
Iaga von Kassango ist weit und breit bekannt; nlle Völkerstämms der
westlichen Küste haben von ihm sprechen gehört, als von einem furcht-
baren Krieger und Fürsten, der die meisten Sklaven verkaufe. Sie
wissen, daß seine Staaten sich längs des Flusses Kongo ausdehnen,
über welchen hinaus ihre geographische Kenntniß ein Ende hat. Wenn
der Iaga ausgeht, begleitet ihn stets ein großes Gefolge. Mehrere
Personen gehen vor ihm her, um alle Steine und sonstige Gegenstände
aus dem Wege zu raumen; andere reinigen durch Schwenken großer
Fahnen die Luft, welche das Volk eingeathmet hatte; wieder andere
tragen Lanzenbündel, als Abzeichen seiner Herrschaft. Er hat eine
starke Leibwache, die theils mit Lanzen, theils mit Bogen und Pfei-
len, theils auch mit Flinten bewaffnet ist. Jeden Tag giebt er öffent-
liche Audienz, berathet sich über Staatsangelegenheiten und spricht Recht.
Fast alle Tage geht eine gewisse Art von Kourieren ab, um die ver-
schiedenen, dem Iaga untergebenen Sobas des Landes von feinen Be-
schlüssen zu benachrichtigen oder ihnen in Beziehung auf Gegenstände,
über welche sie ihn um Rath gefragt haben, Antwort zu geben. Alle
Bewohner des Landes ohne Unterschied sind den Gesetzen unterworfen
und kein Adeliger oder Beamter darf sich die geringste Bedrückung
gegen das Volk erlauben. Übrigens kann jeder täglich den Fürsten
ungehindert sprechen und ihm feine Klagen oder Beschwerden vorbringen.
Als Douville in Cassanci angekommen und der Iaga von seiner
Ankunft unterrichtet war, stattete er Douville einen Besuch ab. Letz-
terer beschenkte ihn unter andern mit einer Generalsuniform, einem
Jagdsabel und einem schönen blauen Mantel, worüber der Iaga so
sehr erfreut war, daß er auf der Stelle dieses Kostüm anzog und das
Volk in ein lautes Iubelgeschrei ausbrach. Der Iaga übersandte nun
Douville ebenfalls Geschenke und ließ ihn zugleich zu einem Besuche
auf den folgenden Tag einladen. Er empfing ihn mit allem Pompe,
den man von einem Negerfürsten nur immer erwarten kann, und
führte ihn in sein Zeughaus, wo etwa 2000 Portugiesische Flinten vor-
räthig seyn mochten. Seine Pulvermichle enthielt 2—300 Fässer
Pulver und über 40,000 Patronen.
Gegen das Ende des Aufenthalts Douvilles zu Cassanci wollte
der Iaga den Geistern feiner Vorfahren ein feierliches Opfer darbrin-
gen, um ihm einen hohen Begriff von dem Pomp und der Pracht
zu machen, womit dergleichen Festlichkeiten begangen werden. Von ^
nahe und fern strömte nun eine ungeheure Volksmenge der Hauptstadt
zu. Als der festgesetzte Tag herangekommen war, holte der Iaga
Douville in festlichem Zuge ab. Man begab sich zuerst nach dem
Tempel des Donnergottes, dann unter dem Geleite der Priester und
zahlreicher Musiker nach dem Tempel des Götzen Lianguli, welcher
der Schutzgott des Landes ist. In diesem Tempel redete einer der
Priester den Iaga an und befahl ihm, die Landesgefetze genau zu be-
folgen, besonders was das gegenwärtige Fest betreffe. Hierauf setzte
%