1. Bd. 2
- S. 923
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Inneres Südafrika.
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leben und nur Krankheit, schlechtes Wetter und die Nacht sie in ihre
Hütten treiben. Diese bestehen aus Zweigen, die man in den Boden
steckt, in Form eines Bienenkorbes zusammenflicht, mit Nasen oder
Schilf bedeckt und inwendig mit einer Art Mörtel von Sand und
Kuhdünger überzieht. Die Größe einer solchen Hütte wechselt von
6—15 F. im Durchmesser. Selten ist sie so hoch, daß ein großer
Mensch darin aufrecht stehen kann. Sechs, bis 12 solcher Hütten mit
einem oder zwei gemeinschaftlichen Stallen machen ein Dorf (Umzi)
oder Kraal aus. Die Kaffern sind Halbnomaden, d. h. sie leben
hauptsächlich von der Viehzucht, womit sie einigen Landbau verbinden.
Ihr Reichthum besteht in ihren Rindviehheerden, deren Vermehrung
ihre herrschende Leidenschaft ist. Mit Leib und Seele hangen sie an
ihren Heerden, jedes einzelne Stück derselben betrachten sie gleichsam
als ein Glied ihrer Familie. Obgleich die Häuptlinge sehr viele Dienst-
leute haben, so sieht man sie doch zuweilen selbst ihre Heerden wei-
den. Die verschiedenen Gestalten, in welche sie die Hörner ihrer Och-
sen biegen, geben diesen ein sonderbares und phantastisches Ansehen;
überdem verstehen sie diese Thiere eben so gelehrig und folgsam zu
machen, als es bei uns die Pferde sind. Ihre Heerden gewöhnen sie
auf ihr Pfeifen zu gehorchen und sie haben zu diesem Behufe eine
aus Knochen oder Elfenbein künstlich geschnitzte Pfeife oder pfeifen auf
dem Finger. Auf ein Zeichen damit zerstreut sich am Morgen die
Heerde auf die Weideplätze, auf ein anderes kommen die Kühe zum
Melken herbei und auf ein drittes sammelt sich das Ganze zum Heim-
zug. Ein Hauptvergnügen der Kaffern ist es, mit den Ochsen Wett-
rennen anzustellen. Der Ochs, welcher den Preis davon tragt, wird
bis in den Himmel erhoben, und das Vergnügen der Menge giebt sich
in lärmenden Beifallsbezeigungen kund, Ihre Heerden bestehen bloß
aus Rindvieh; doch sind in neuern Zeiten auch Schafe, Ziegen und
Pferde unter ihnen eingeführt worden. Nächst dem Vieh nehmen
bei den Kaffern in Hinsicht des Werthes Glaskorallen, Messingdraht
und vergoldete Knöpfe den höchsten Rang ein. Diese dienen ihnen
zum Handel und zur Vermehrung des Besitzes, vertreten die Stelle
des Geldes und sind das einzige Tauschmittel des Landes. Die Er-
zeugnisse ihres Landbaus sind Hirse (Guineakorn), Mais, Kürbisse und
einige andere Gewächse. Zugleich beschäftigen sie sich sehr mit der
Jagd und jagen nicht allein Gazellen und Antilopen, sondern auch
wilde Büffel, Löwen, Rhinozerosse und Elephanten. Zur Elephanten-
jagd vereinigen sich mehrere Stamme. Man sucht diese Thiere in
ihrem Lager auf, überfallt sie und schleudert viele hundert Wurfspieße
auf sie, um sie durch starken Blutverlust zu schwachen und zu tobten,
bei welcher Jagd gewöhnlich einige Jager das Leben verlieren. Einige
unter den Kaffern sind auch ziemlich geschickte Handwerker, vorzüglich
Schmiede. Ihr Hammer und Ambos besteht gewöhnlich aus einem
harten Stein, und doch verstehen sie mit diesen mangelhaften Jnsiru-