1861 -
Leipzig
: Förstner
- Autor: Winter, C. H.
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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vermischt und rückten mit Schlachtgesängen dem Feinde entgegen (Bar-
den). Selbst die Weiber begleiteten ihre Männer mit in den Krieg.
Ihre Religion war ein erhabener Naturdienst; jedoch verehr-
ten sie ihre Götter nicht in Tempeln, sondern in der Stille Heiliger-
Haine, besonders unter hohen Eichen. Ihre Haupt-Gottheiten gaben
den Wochentagen die Namen: Allvater Odin oder Wodan (Gua-
dan, Gutan, Gut, Gott) war ihr höchstes Wesen und der Gott des
Krieges (Dinstag); Thor der Gott des Donners (Donnerstag);
Freia die Göttin der Freiheit und der Liebe (Freitag); und auch die
Gestirne, Sonne und Mo nd verehrten sie als Gottheiten (Sonntag,
Montag). Der freundlichen O ft r a zu Ehren zündeten sie auf den Ber-
gen ein Freudenfeuer an, wenn mit dem wiedergekehrten Frühlinge
neues Leben erwachte (Ostern). Den Göttern opferten sie auch zuwei-
len gefangene Krieger. Darum waren die Priester von mächtigem
Einfluß und sie allein mochten Strafen verhängen. Viel wurde aus die
Weissagungen kluger Frauen (Alrnn en) gehalten, und aus dem Wie-
hern weißer, der Sonne geheiligter Rosse, und aus dem Fluge und
Geschrei des Raben, des Kncknks und der Eule deuteten die Priester
den Willen der Gottheit. Sie glaubten an ein Leben nach dem Tode;
Walhalla war der Aufenthaltsort der Seligen, wo die verstorbenen
Edlen und Tapfern Alles in erhöhtem Maße genossen, was sie hier
aus Erden beglückt hatte; in der Hela aber, bei den Gottlosen und
Feigen herrschte Qual und Finsterniß. Darum begrub man die Tod-
ten feierlich, gab ihnen wohl Waffen und Streitrosfe auf den Scheiter-
haufen init und schüttete über sie einen Hügel von Steinen und Erde
(Hünengräber).
2. Das ganze Volk theilte sich in mehrere Hauptstämme und diese
wieder in kleinere Völkerschaften, von welchen die Semnonen und
Longobarden den Strich unseres preußischen Vaterlandes an der
Elbe, Havel und Spree bewohnten. Von den Römern beunruhigt,
vereinigten sie sich mit einem andern deutschen Stamme, mit den Che-
ruskern, deren Anführer H erm an (Arminius) die Römer unter ihrem
Anführer V a r u s im Teutoburger-Walde — bei Paderborn in
Westphalen — gänzlich schlug (9 n. Chr.) und ihre Macht diesseits des
Rheins für immer vernichtete.
3. Im 5. Jahrhundert wurden diese genannten deutschen Stämme
in der allgemeinen Völkerwanderung vertrieben, indem die Hunnen
aus Asien vorgedrungen waren, die Gothen zunächst und durch diese
wieder die am schwarzen Meere wohnenden Wenden verdrängten.
Diese kamen bis in unsere Gegend und ein Stamm derselben, die Wi l-
zen, nahm unser Stammland Brandenburg ein, indem es die
Semnonen und Longobarden daraus vertrieb. Die Milzen hatten schon