1896 -
Berlin
: Oehmigke
- Autor: Reinecke, Hermann, Berthold, Ludwig
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Regionen (OPAC): Berlin
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Dennoch wurde der Unwille lange Zeit nicht laut, und Varus
hielt die Herrschaft der Römer in Deutschland für gegründet. Aber
so dachte Armin, ein edler deutscher Mann vom Volke der Cherusker,
nicht. Das Joch eines fremden Volkes schien ihm so unerträglich,
daß es unter jeder Bedingung abgeschüttelt werden müßte. Armin,
auch Hermann genannt, war eines cheruskischen Fürsten Sohn,
von fürstlicher Gesinnung und an Gestalt und Tapferkeit ein wahrer
Held. Er war als Knabe nach Rom gekommen und hatte die
Römer mit ihrer Staats- und Kriegskunst, sowie mit allen ihren
Fehlern genau kennen gelernt. Sein Haß gegen das verdorbene Volk,
welches sich anmaßen wollte, freie Menschen zu Knechten zu machen,
wurde unauslöschlich. Er kehrte zu seinem Volke zurück, begeisterte
mit seiner Rede die übrigen Fürsten und Anführer desselben und
trat an die Spitze des cheruskischen Bundes, um den verhaßten
Feinden den Untergang zu bereiten. Varus merkte in seinem selbst-
gefälligen Hochmute nichts. Um ihn von seinem guten Lagerplatze
weg in gefährliche Gegenden zu locken, mußte ein entferntes Volk
einen Aufstand erregen. Varus brach gegen dasselbe aus. Die
verbündeten Fürsten entfernten sich, zogen ihre schon bereit ge-
haltenen Haufen zusammen, verabredeten den Angriff, und als die
Römer mitten in den Wildnissen des Teutoburger Waldes waren,
da brachen die Deutschen von allen Seiten auf sie los.
Die Römer dachten an keinen Angriff; ohne Ordnung, mit
vielem Gepäck, sogar mit einem Haufen von Frauen und Kindern,
zogen sie in dem rauhen Waldgebirge daher; der Sturmwind
brauste in den hohen Gipfeln der Eichen, und der Boden war vom
vielen Regen ganz durchweicht. Da kamen Plötzlich aus dem
Dickicht des Waldes, von allen Höhen und aus allen Schluchten die
Scharen der Deutschen, die solche Wege und solches Wetter gewohnt
waren, und schleuderten ihre scharfen Wurfspeere gegen die erschrockenen
Römer. Diese ordneten sich, so gut sie in den unwegsamen Ge-
genden konnten, nahmen das Gepäck und den Troß in die Mitte
und verteidigten sich. Aber die Sehnen der Bogen waren vom
Regen erschlafft, die übrigen Waffen auch größtenteils verdorben;
auf dem schlüpfrigen Boden konnten die Römer in ihren schweren
Harnischen keinen festen Fuß fassen und den Deutschen überhaupt
wenig Schaden zufügen.