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1. Teil 3 - S. 162

1896 - Berlin : Oehmigke
162 sich beständig mehrten; hatte er eine Armee geschlagen, so rückten ihm wieder zwei andere entgegen. Ein Reichsbeschluß hatte ihn aller seiner Länder, ja selbst der Kurwürde verlustig erklärt; der Vorsatz und die Macht, ihn ganz zu Boden zu drücken, waren bei seinen Feinden stärker als jemals. Nie war daher seine Hoffnung schwächer, dennoch aber die Heiterkeit seines Geistes in diesem Zeit- punkte groß genug, daß er sein Testament in Versen machen konnte. So gerecht aber auch seine Besorgnis war, der Menge zu unterliegen, so traf er doch alle Maßregeln, um sie zu über- winden. Seine durch so viele Treffen geschwächte Armee war nur 22 000 Mann, die der Feinde aber 60 000 Mann stark. Sie hatten schon am 19. September eine Probe der preußischen Tapfer- keit erfahren. Der Generalstab der Franzosen, mit ihrem Heer- führer Soubise an der Spitze, hatte mit 8000 Mann Gotha zu seinem Erholungsorte ausersehen. Es war am herzoglichen Hofe große Tafel, und ans dem Schlosse hatte man gewaltige Zurüstun- gen gemacht, die bewaffneten hohen Gäste wohl zu bewirten; die Tische waren gedeckt, und die Franzosen zeigten den besten Appe- tit, als der preußische General Seidlitz mit 1500 Reitern vor den Thoren erschien. Die 8000 Franzosen dachten an keinen Wider- stand; sie verließen die rauchenden Schüsseln und eilten aus der Stadt. Nur wenige ihrer Soldaten wurden zu Gefangenen ge- macht, aber desto mehr Kammerdiener, Lakaien, Köche, Haarkünstler und Schauspieler, die damals von einer französischen Armee unzer- trennlich waren. Das Gepäck vieler Generale fiel den Preußen in die Hände, darunter ganze Kisten voll wohlriechender Wasser und Salben, desgleichen eine Menge Pudermäntel, Haarbeutel, Sonnen- schirme, Schlasröcke und Papageien. Seidlitz ließ sich mit seinen Offizieren den Rest der Speisen wohlschmecken, übergab einen Teil der Beute seinen Husaren, den gefangenen Troß aber schickte er ohne Lösegeld zurück. Die Franzosen waren darüber ebenso ver- gnügt, als ob sie ein Treffen gewonnen hätten; der Mut zu fechten, wuchs ihnen, und ihre einzige Besorgnis war, daß der König ihnen entrinnen möchte. Einige seiner Märsche und Stellungen bestärkten sie in dieser Vermutung. Sie kannten seine schnellen Bewegungen und Wendungen und seine Kriegskunst überhaupt bisher bloß aus Erzählungen, die aber so wenig Eindruck auf sie gemacht hatten,.
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