1841 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Gründler, Friedrich Ernst
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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rühmen können, daß er mit keiner Sünde befleckt sei.
Und wie endlich der Stand manchmal sich zur Erde
senkt und nicht vorhanden zu sein scheint, aber durch
einen geringen Lufthauch wieder erregt und aufgetrieben
wird, so scheint es auch zuweilen, als wäre die Sünde
tii uns ganz verschwunden und überwunden, und als
könnten wir ungehindert Gott in einem unsträflichen,
reinen Wandel dienen; aber bei gegebener Veranlassung
findet sich die Sünde wieder, und wir hätten oft selbst
nimmermehr gemeint, daß wir noch so viel Weltliches
im Herzen härten. Heiliger Gott, wie scheußlich und
bestaubt ist noch mein Wandel vor Deinem allerheilig-
ften Auge!
18. Die Raupen.
Gotthold hatte an den blühenden Obstbäumen seine
Lust, und inachte sich Hoffnung, es werde iiu Herbst
viele Früchte geben; aber nach wenigen Tagen entdeckte
er an den Bäuinen Mehlthau und zugleich viele Rau-
pen; Blüthen und Blätter waren verzehrt, und wie vom
Feuer versengt. Da mußte er denken: So geht's mit
menschlicher Hoffnung; ehe man fich's versteht, ist ste
wie ein Dainpf verraucht, und wenn wir meinen, unser
Glück stehe in voller Blüthe, so ist's im Augenblick
darum geschehen. Indem er so dachte, und seine Ge-
danken einem lieben Freunde aussprach, erwiederte dieser,
die Bäume kämen ihm vor, wie ein Abbild solcher Kin-
der, die, mit Sorgfalt zum Guten erzogen, in späterem
Alter von böser Gesellschaft verdorben würden. Wie
herrlich, fuhr er fort, blühet doch oft ein junger Mensch,
und giebt so viele Anzeichen eines gottgefälligen und
tugendhaften Gemüthes, so lange er unter Aufsicht sei-
ner Aeltern und L-hrer ist, und wie wird er hernach
durch böse Gesellschaft so schändlich verdorben und zu-
gerichtet, daß er sich gar nicht mehr ähnlich ist, und
seine Aeltern einen vergifteten, versengten Baum, einen
Taugenichts, nach Hause bekommen. 'Ach, lieber himm-
lischer Vater, bewahre mich und die Meinigen vor der