1869 -
Hildburghausen
: Nonne
- Autor: ,
- Hrsg.: Spiess, Moritz, Berlet, Bruno
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Höhere Bürgerschule, Volksschule, Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Philipp von Mazedonien.
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Volkes. 4. Erster heiliger Krieg (356—346). Philipp's Hilfe. Mazedonien Mit-
glied des griechischen Staatenbundes. Zweiter heiliger Krieg (339). Philipp besetzt
Elatea. Athen und Theben erheben sich wider Mazedonien. Schlacht bei Chäronea
(338). Untergang der griechischen Freiheit. Philipp Vorsitzender im Amphiktionen-
bnnd (337). Absichten auf Persien Zwischenfall mit Sparta. Philipp's Tod (336t.
5. Demosthenes bei Charonea. Leichenrede ans die Gefallenen. Vergebliche Hoff-
nungen bei Philipp's Tod. Demosthenes im Gefängniß; Aufenthalt in Aegina;
Zurückberufung, sein Tod (322). 6. Alexander d. G. (336—323); das mazedonische
Weltreich; Zerfall desselben.
1. Nach der Schlacht bei Mantinea (362) hörten in Griechenland
die Kriege um die Hegemonie auf. Die drei ordnenden Hauptstaaten
Athen, Sparta und Theben standen einander gleich geschwächt gegenüber;
keiner war im Stande, einen Vorrang zu behaupten. Die kleineren Staa-
ten hatten sich nach dem Wortlaut des antalcidischen Friedens selbstständig
gemacht und gefielen sich in der Vereinzelung. Ueberall herrschte Selbst-
sucht, nirgends ein kräftiges Zusammenwirken. Dazu sank die allgemeine
Sittlichkeit. In Theben war mit Epaminondas der patriotische Sinn er-
storben. Von den Spartanern war schon seit Lysander der alte Geist ge-
wichen und seit Agesilaus waren sie nur noch mehr in Genußsucht ver-
fallen, wie es der Spruch des Orakels vorhergesagt hatte: « '
„Geldgier wahrlich allein, sonst nichts wird Sparta verderben!"
In der traurigsten Lage aber war Athen. Die Regierungsgewalt lag
hier fast ausschließlick in den Händen des leichtsinnigen, veränderlichen,
durch Wohlleben und Müssigang verdorbenen Pöbels; die Rechtspflege wurde
von 6000 Bürgern besorgt, die mit der Gerechtigkeit Handel trieben. Die
Athener ergötzten sich in schlaffer Belvunderung an den Helden der Vorzeit,
lobten sic in den Rednerschulen und brachtew sie mit großem Gepränge
auf die Bühne. Die Ausführung eines Theaterstückes soll bisweilen mehr
als ein ganzer Feldzug gekostet haben. Dabei vermochten die hehren Bei-
spiele nicht, die eigene Thatkraft zu wecken. Unter solchen Verhältnissen
war es kein Wunder, daß Griechenland der von Norden andringenden Ge-
fahr nicht gewachsen war und eine Beute des Königs Philipp von
Mazedonien wurde.
2. Philipp, der jüngste Sohn des Königs Amyntas von Mazedo-
nien, war durch Pelopidas frühzeitig als Geisel nach.theben gekommen.
Hier lebte er acht Jahre lang in dem Hause des Epaminondas und hatte
so Gelegenheit, sich diesen Helden zum Muster zu nehmen. Nebenbei lernte
er den zerrütteten Zustand der griechischen Staaten kennen, welchen er nach-
mals so sehr auszubeuten verstand.
Mit dem 22. Jahre begab sich Philipp nach Mazedonien, um daselbst
für den nachgelassenen Sohn seines älteren Bruders (Perdikkaö) die Thron-
rechte wahrzunehmen. Aber er war ein schlechter Anwalt. Denn durch
List und Entschlossenheit, durch Freundlichkeit und Herablassung wußte er
es dahin zu bringen, daß man ihn selbst mit Uebergehung des Neffen zum
König wählte (360). Seine Regierung hat die erfolgreichsten und wich-
tigsten Unternehmungen aufzuweisen, und mit Recht staunen wir über einen
Mann, der ein armes, verachtetes Volk in kurzer Zeit so emporzuheben
vermochte, daß es das gesammte Griechenland von sich abhängig machte
und sogar dem persischen Großkönige Schrecken einflößte. Indeß wird
Ermattung
Griechen-
lands.
Philipp von
Mazedonien
360—323.