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1. Für einjährigen Unterricht in höheren Mittelklassen berechnet - S. 235

1869 - Hildburghausen : Nonne
Polen. 235 Vorhaben jener Mächte für höchst widerrechtlich hielt. Sie schrieb in dieser Angelegenheit an Kaunitz : „Als alle meine Länder angefochten wur- den, und gar nicht mehr wußte, wo ruhig hingehen sollte, steifte ich mich auf mein gutes Recht und den Beistand Gottes. Aber in dieser Sach, wo nicht allein das offenbare Recht himmelschreiend wider Uns, sondern auch alle Billigkeit und die gesunde Vernunft wider Uns ist, muß bekennen, daß zeitlebens nicht so beängstigt mich befunden und mich sehen zu lassen schäme. Bedenk der Fürst, was wir alle Wellt für ein Beispiel geben, wenn wir um ein elendes Stück von Polen oder von der Moldau und Wallachey unser "Ehr und Reputation in die Schanz schla- gen." Endlich aber willigte sie ein, und darauf vereinigten sich Rußland, , Preußen und Oestreich in einen Traktate (August 1772) zur ersten Thei-1- Theilung lung Polens. Rußland nahm das Land bis zur Düna und dem Dniepr, 2000 Polens Quadratmeilen; Preußen das jechige Westpreußen, außer den Städten Danzig und Thorn, und den Netzdistrikt, 600 Quadratmeilen; Oesterreich Galizien und Lodomirien, 1400 Quadratmeilen. 3. Seit dieser Theilung übte Rußland auf die Verhältnisse Polens den entschiedensten Einfluß. Die Kaiserin Katharina Ii. nährte absichtlich die inneren Zwistigkeiten des unglücklichen Landes, um daraus später Vortheil zu ziehen. Die Polen merkten die russischen Absichten und such- ten sie zu durchkreuzen. Als geeignet erschien ihnen der Zeitpunkt, da Rußland in Krieg mit der Türkei verwickelt war. Sie gaben sich da- her am 3. Mai 1791 eine konstitutionelle Verfassung, welche mit Preu- Konstitution ßens Zustimmung in's Leben trat. Aber viele Große waren mit der zeit- 1791- gemäßen Aenderung unzufrieden, schlossen die Konföderation zu Targowitz^) Targowitz (1792) und gingen zur Wiederherstellung der „polnischen Freiheit" die 1792, Russen um Hilfe an. Katharina, welche eben mit der Pforte den Frie- den zu Jassy geschlossen , gewährte dieselbe bereitwilligst und ließ ihre Ko- lonnen in Polen einrücken. Umsonst riefen die Patrioten Preußens Hilfe an, in Berlin war man auf andere Gedanken gekommen, man zog das Bündniß mit Rußland der Freundschaft mit Polen vor, uin so mehr, als man in der neuen Verfassung eine Nachahmung der neufranzösischen Ideen und Staatsformen erblickte. Doch verzweifelten die Polen nicht an ihrer gerechten Sache. Kosciusko, der in Amerika unter Washington Kosciusko. für die Sache der Freiheit gefochten, trat an die Spitze der Patrioten und kämpfte anfangs auch mit glücklichem Erfolge. Allein Verrath und Zwietracht hemmten den Fortgang des begonnenen Kampfes. Sobald der König Stanislaus Poniatowöki, bisher ein begeisterter Anhänger der neuen Verfassung, der Kaiserin Gehör gab und sich den Konföderirten anschloß, mußten die Patrioten die Masten niederlegen und ihr Vaterland verlassen. Nachdem dies geschehen, verlangten Rußland und Preußen eine neue Thei- 2. Theilung lung des Landes. Der polnische Reichstag widersprach, aber russische Truppen umstellten das Sitzungshaus und "erzwangen (14. Okt. 1793), daß Volhynien, Theile Podoliens, halb Litthauen, 4500 Quadratmeilen, an Rußland, und Posen, Gnesen, Kalisch, Danzig, Thorn, 1000 Qua- 0 Targowitz, Stadt in der Ukraine, südlich von Kiew, an einem Nebenflüsse des Bug.
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