1907 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Kornrumpf, Ernst
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Reich mit einem Kaiser an der Spitze wieder erstehen müsse. Und dieser
Kaiser konnte niemand anderes sein, als der greise Held, der Deutschland
von Sieg zu Sieg geführt, der auf einer Siegesbahn ohnegleichen all die
Schmach gesühnt, die Deutschland von seinem ländergierigen Nachbar seit
drei Jahrhunderten erlitten hatte. Und während in raschem Fortschritte
ganz Frankreich von den deutschen Heeren überwältigt und niedergeworfen
wurde, brach in Versailles, dicht vor den Toren von Paris, endlich der Tag
heran, der die höchste Freude für ganz Deutschland bedeutete, der dem
Werke, das die vereinte Kraft Deutschlands vollführt hatte, nun erst die
Krone aufsetzte durch die friedliche und feierliche Erneuerung des Deutschen
Kaisertums. Mit diesem Tage erfüllte sich die Sehnsucht des deutschen Volkes,
erfüllte sich auch das Wort, das Friedrich Wilhelm Iv. von Preußen gesprochen,
als ihm Abgesandte des deutschen Volkes 1849 die Deutsche Kaiserkrone
angeboten hatten: „Die Deutsche Kaiserkrone wird nur auf dem Schlachtfelde
gewonnen."
bb) Die Bitte des deutschen Volkes und seiner Fürsten an
König Wilhelm. Schon anfangs Dezember 1870 hatte der hochherzige
jugendliche Bayernkönig Ludwig im Einverständnis mit den übrigen
deutschen Fürsten dem greisen Könige Wilhelm den Vorschlag gemacht, neben
dem Deutschen Reiche auch die Deutsche Kaiserwürde wieder herzustellen, mit
Zustimmung der deutschen Fürsten den Kaisertitel anzunehmen und so das Werk
der Einigung Deutschlands zu vollenden.*) Mit der Stimme der Fürsten ver-
einigte sich auch der Wunsch des deutschen Volkes. Am 18. Dezember er-
schienen 30 Abgeordnete des Norddeutschen Reichstages in Ver-
sailles vor König Wilhelm und richteten die Bitte an ihn, die Deutsche
Kaiserkrone anzunehmen. In der Adresse, die ihm bei dieser Gelegenheit
überreicht wurde, heißt es:
„Vereint mit den Fürsten Deutschlands naht der Norddeutsche Reichstag mit der
Bitte, daß es Ew. Majestät gefallen möge, durch Annahme der Deutschen Kaiserkrone
das Einigungswerk zu weihen. Die Deutsche Krone auf dem Haupte Ew. Majestät
wird dem wiederaufgerichteten Reiche deutscher Nation Tage der Macht, des Friedens,
der Wohlfahrt und der im Schutze der Gesetze gesicherten Freiheit eröffnen. Das Vater-
land dankt dem Führer und dem ruhmreichen Heere, an dessen Spitze Ew. Majestät
heute noch auf dem erkämpften Siegesfelde weilt. Unvergessen für immer werden der
Nation die Hingebung und die Taten ihrer Söhne bleiben. Möge dem Volke bald
vergönnt sein, daß der ruhmgekrönte Kaiser der Nation den Frieden wiedergibt.
Mächtig und siegreich hat sich das vereinte Deutschland im Kriege bewährt unter einem
höchsten Feldherrn, mächtig und friedliebend wird das geeinigte Deutsche Reich unter
seinem Kaiser sein."**)
*) Siehe den Brief König Ludwigs an König Wilhelm in „Albert Richter,
Quellenbuch." 5. Ausl. S. 300. Ebenso den Brief des Bayernkönigs an die andern
deutschen Fürsten und Freien Städte. Ebenda S. 301.
**) Siehe die vollständige Adresse in „Albert Richter, Quellenbuch" S. 302.