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1. Preußisch-deutsche Geschichte vom Jahrhundert Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart - S. 456

1907 - Leipzig : Brandstetter
456 von Heer und Bürgertum, sagten sie sich los. Sie betrachteten die Arbeit- geber nur als ihre Ausbeuter und Feinde, zeigten sich ihnen gegenüber oft widerspenstig, stellten in Massen die Arbeit ein, um höhere Löhne zu er- zwingen und erhoben immer größere Ansprüche. So war dem jungen Deutschen Reiche im Innern ein gefährlicher Feind erstanden, der seitdem mit jedem Jahre der Zahl seiner Anhänger nach gewachsen ist: die Sozialdemokratie. bb) Die Mordversuche auf Kaiser Wilhelm. Die fortgesetzten Verhetzungen gegen die bestehende Staatsordnung blieben leider nicht ohne böse Folgen. Trotz der Liebe des größten Teiles des Volkes zu Kaiser Wilhelm geriet dieser durch zwei ruchlose Mordversuche, die auf ihn von Anhängern der sozialdemokratischen Partei unternommen wurden, in die größte Lebens- gefahr. Als er an einem Mainachmittag des Jahres 1878 mit seiner Tochter, der Großherzogin Luise von Baden, „Unter den Linden" in Berlin spazieren fuhr, feuerte ein verkommener Klempnergeselle (Hödel) zwei Revolverkugeln nach ihm ab, ohne zum Glück zu treffen. Drei Wochen später, in den ersten Junitagen, wurde ein zweiter Mordanfall, ebenfalls bei einer Spazierfahrt „Unter den Linden", versucht, indem ein verblendeter Gelehrter (vr. Nobiling) fast an derselben Stelle eine doppelte Ladung Schrotkörner aus den vorbei- fahrenden Kaiser abschoß. Diesmal wurde leider der greise, 81jährige Monarch durch 30 Schrotkörner an Gesicht, Schultern und Annen verwundet, zum Glück jedoch nicht lebensgefährlich, da sein Helm und dichter Mantel ihn ge- schützt hatten. Doch sank er aus ein monatelanges, schmerzliches Kranken- lager, währenddessen sein Sohn, der Kronprinz Friedrich Wilhelm, als Stell- vertreter die Regierung führte. Ein Schrei der Entrüstung ging durch das königstreue deutsche Volk, das tagelang um das Leben seines Heldenkaisers zitterte, bis es der Kunst der Ärzte gelang, es zu retten. Der erste Mörder büßte seine unselige Tat mit dem Leben, der zweite machte einen Selbst- mordversuch, an dessen Folgen er im Gefängnisse starb. ee) Die Kaiserliche Botschaft an den Reichstag. Nach diesen Mordversuchen brach sich mehr und mehr die Überzeugung Bahn, daß man den umstürzlerischen Bestrebungen der Sozialdemokratie auf gesetzlichem Wege Einhalt tun müsse. Fürst Bismarck legte dem Reichstage ein „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" vor, und dieser genehmigte es im Oktober 1878. Durch dieses Sozialistengesetz, wie es kurz genannt wurde, wurde die sozialistische Partei schwer unterdrückt; denn ihre Vereine wurden aufgelöst, ihre Zeitungen (Presse) verboten, ihre ganze äußere Organisation zerstört, ihre gefährlichsten Führer aus ihrem bisherigen Wir- kungskreise ausgewiesen. Im geheimen freilich befestigte die Partei ihre Ein- richtungen nur noch mehr und nahm immer weiter zu, so daß das Sozialisten- gesetz 1890 wieder aufgehoben worden ist.
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