1916 -
Leipzig
: Ploetz
- Autor: Ploetz, Karl
- Auflagennummer (WdK): 18
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
I. Alte Geschichte
A. Die ägyptisch-semitischen Völker.
§ 1. Die Ägypter.
Ägypten. das von Höhenzügen und Wüsten eingeschlossene,
oberhalb des Delta nur wenige Stunden breite, etwa 1100 km
lange Tal des untern Nils, der alljährlich vom Juli an auf fast
4 Monate seine Ufer überflutet und so das Land befruchtet.
Zwei Landesteile: Unter-Ägypten mit der Hauptstadt
Memphis und dem Deltalande; Ober -Ägypten mit der Haupt-
stadt Theben (Nu-Amon), Südgrenze die Stromschnellen
bei Syene, jetzt Assuan. Beide bestanden ursprünglich als
selbständige Staaten nebeneinander. Ackerbau, Handwerk
und Kunst erscheinen im fünften Jahrtausend v. Chr., wo die
geschichtlichen Nachrichten beginnen, schon hoch entwickelt.
Staatswesen: Erbliches Königtum; der König (Pharao =
großes Haus) wird als Sohn des Sonnengottes Rä selbst als
ein göttliches Wesen verehrt. Glänzende Hofhaltung, viele
Beamte, das Land in bestimmte Gaue geteilt. Bedeutender
Einfluß der Priester, denen auch die Pflege der Wissenschaften
(Sternkunde, Heilkunde, Rechtskunde) obliegt. Frühzeitige
Feststellung des Sonnenjahres. Strenge Regelung des ge-
samten Lebens durch religiöse Satzungen. Erbliche Stände,
nicht völlig gegeneinander abgeschlossene Kasten.
Religion: Verehrung der persönlich gedachten Naturkräfte,
verbunden mit symbolischem Tierdienst. Die einzelnen Gau-
götter schließen sich allmählich zu Götterkreisen zusammen.
Großartige Tempelbauten. Die Zugangsstraßen von Sphinxen
und Widdern umsäumt. Die Obelisken quer vor dem Heiligtum
sollten den Göttern als erste Ruhesitze dienen, wenn sie durch
die Luft ihrer Heimstätte zueilten. Die Götter als Tiere oder
als Menschen mit Tierköpfen dargestellt. Oberster Gott der
Sonnengott Rä. Neben ihm andere Gottheiten der Sonne,
des Mondes, des Nils usw. Besondere Verehrung des Ptah
in Memphis, des Amon.in Theben, der Neit in Sais. Der Kämpf
der dem Menschen heilsamen und feindlichen Naturkräfte, wie
er sich in dem alljährlichen Aufblühen, Absterben und Wieder-
erwachen der belebten Natur ausprägt, wird dargestellt in
dem Mythus von Osiris. Dieser, der Gott des -Lebens und wie
sein feindlicher Brüder" Set ein Sohn des Erdgottes Seb und
der Himmelsgöttin Nut, wird von Set, ,dem Dämon der ver-
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