1916 -
Leipzig
: Ploetz
- Autor: Ploetz, Karl
- Auflagennummer (WdK): 18
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
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Alte Geschichte, Römer.
Als neues patrizisches Amt wird die Prätur eingerichtet
zur Leitung der Rechtspflege, die bisher den Konsuln oblag.
Der Prätor, von 6 Liktoren begleitet, ist auch Stellvertreter
der Konsuln, wenn sie von Rom abwesend sind. Später außer
dem praetor urbanus ein praetor inter peregrinos (für die Aus-
länder) eingesetzt. Ferner treten den plebejischen Ädilen zwei
kurulische Ädilen zur Seite; sie üben gemeinsam mit ihnen die
Markt- und Straßenpolizei und veranstalten die öffentlichen
Festspiele, namentlich die ludi Romani alljährlich im September,
(cura annonae, cura urbis, cura ludorum); in der Führung
dieses Amtes wechseln Patrizier und Plebejer Jahr um Jahr ab.
Nach und nach werden alle Ämter den Plebejern zu-
gänglich, die Censur 351, die Prätur 337. Auch zu den Priester-
kollegien der Pontifices und Augures erhalten die Plebejer
Zutritt (300 lex Ogulnia).
Der Not der armen Plebejer, die auch nach den Licinischen
Gesetzen wiederkehrt, wird durch Ackerverteilungen und Grün-
dung von Bürgerkolonien nach glücklich geführten Kriegen
abgeholfen. Bereits 326 Aufhebung der Schuldknechtschaft
durch die lex Poetelia.
Im Jahre 287 secessio plebis auf den Janiculus. Durch
die lex Hortensia werden die plebiscita (82) in den concilia
plebis den populiscita in den Centuriat-Komitien gleichgestellt.
Nach diesem Ausgleich entwickelt sich allmählich ein neuer
Gegensatz zwischen dem Amtsadel (Optimales, Nobiles), der
die Patrizier und reicheren Plebejer umfaßt, und dem Bürger-
stande (Plebs im späteren Sinne). Doch kann sich der Amts-
adel (ius imaginum) nicht so schroff wie der bisher geltende
Geburtsadel gegen den Bürgerstand abschließen, sondern er-
gänzt sich fortwährend durch Aufnahme neuer Mitglieder
(homines novi). Durch Volkswahl gelangt der Bewerber
(candidatus) zu den Ämtern, durch das Vertrauen der Censoren
in den Senat. Reihenfolge der Ämter: Quästor, Ädil, Prätor,
Konsul, Censor. Über das gesetzmäßige Alter s. S. 102.
Der Senat leitet namentlich die auswärtige Politik und die
Finanzverwaltung. Die oberste Entscheidung in der Gesetz-
gebung und bei Kriminalprozessen steht nach wie vor bei den
Komitien, und zwar sowohl bei den Centuriat- wie bei den
Tribut-Komitien, welche alle Bürger, Patrizier und Plebejer,
jedoch mit verschiedener Abstimmungsordnung, umfassen. Hin-
sichtlich des Wahlrechts bleibt der Unterschied, daß die ma-
gistratus maiores (Konsuln, Prätoren, Censoren) in den Cen-
turiat-Komitien, die magistratus minores (Ädilen und Quä-
storen) sowie die Volkstribunen in den Tribut-Komitien gewählt
werden.
Die Yolkstribunen erscheinen fortan nicht mehr in so
scharfem Gegensatz zum Senat wie während des Ständekampfes.