1916 -
Leipzig
: Ploetz
- Autor: Ploetz, Karl
- Auflagennummer (WdK): 18
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
156 Mittlere Geschichte.
der ihre Schwester verstoßen und sich mit Fredegunde vermählt
hat. Chilperich ermordet 584, darauf Kampf der
Adelsparteien.
613 — 628. Zweite Wiedervereinigung des ganzen Franken-
reiches durch Chlotar Ii. von Neustrien, Sohn der
Fredegunde. Brunhild gefangen, gemartert und zu Tode ge-
schleift.
Verfassung des Frankenreiches: Das Land ist in Gaue
(pagi) eingeteilt, deren Vorsteher die vom König ernannten
Grafen (comites) sind; die Gaue zerfallen in Hundertschaften
(centenae). Jede Hundertschaft hat ihre Gerichtsstätte, Mal-
berg genannt, wo unter Leitung ihres Vorstehers (centenarius)
oder des Grafen die Freien zum Gerichtstag (Ding) erscheinen.
Das Volksrecht aufgezeichnet als lex Salica (schon unter
Chlodwig) und lex Ripuaria; das Deutsche war Volkssprache,
aber nicht Schriftsprache. Altgermanisches Gerichtsverfahren:
Eideshelfer, Zweikampf, Gottesurteile durch siedendes Wasser
oder glühendes Eisen. Totschlag kann durch Wergeid gesühnt
werden. Oberstes Gericht das Hofgericht des Königs.
Stände des Volkes: Freie, Halbfreie oder Hörige (liti) und
Unfreie (Leibeigene). Die Mitglieder des königlichen Gefolges
(antrustiones) haben das dreifache Wergeid der Freien. Freie,
die sich in den Schutz eines Mächtigeren oder des Königs be-
geben, sind dessen Vasallen. Sie empfangen von ihm Grund-
besitz zum Nießbrauch; daraus entwickelt sich in der karo-
lingischen Zeit das Lehnswesen (beneficium oder feudum, das
Lehngut, im Gegensatz zum Eigengut, allodium).
Die aus römischer Zeit vorhandenen Städte behalten eine
gewisse Bedeutung als Bischofsitze; die Einwohner sind aber
meistens Halbfreie oder Unfreie. Die zahlreichen Kirchengüter
erhalten allmählich Befreiung von der Gerichtsbarkeit der
Grafen (Immunität); ein von dem Bischof oder Abt erwählter
Schutzherr (advocatus, Vogt) übt dann die Gerichtsbarkeit.
Zum Kriegsdienst sind alle Freien verpflichtet (Heerbann);
die Vasallen ziehen unter Führung ihres Beschützers (senior)
zu Felde, die übrigen unter Führung des Grafen. In Reichs-
teilen, die früher selbständig waren (Aquitanien, Bretagne,
Bayern, Thüringen), hat der Herzog (dux) den Oberbefehl über
den Heerbann mehrerer Grafschaften. Bei der jährlichen Heeres-
musterung (Märzfeld, später Maifeld) versammelt der König
die Großen zu Beratungen (placita) und verkündet mit ihrer
Zustimmung Gesetze.
Die wichtigsten Hofämter sind: Seneschall, Marschall
(comes stabuli), Kämmerer, Mundschenk, Kanzler, Pfalzgraf
(comes palatii oder palatinus). Der Hausmeier (maior domus)
ursprünglich Vorsteher der königlichen Hofhaltung, gewinnt