1906 -
Berlin
: Nicolai
- Autor: ,
- Hrsg.: Hausen, Friedrich, Ruthe, Paul, Thiel, Oswald, Zissel, Adolf, Dahms, Gustav
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Gemeindeschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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Lezirke. Immer mehr Arbeitskräfte wenden sich dem industriellen Betriebe
p, und der Übergang Deutschlands vom Ackerbau- zum Jndustriestaate tritt
immer deutlicher hervor.
Kurze Übersicht über die Wirtschaftsgebiete Deutschlands.
Die Gewinnung, die Verarbeitung und der Austausch der verschiedene!:
Güter (Rohstoffe aller Art), deren ein Volk zur Besriedignng seiner mannig-
fachen Bedürfnisse (Nahrung, Kleidung, Wohnung) nötig hat, ist Aufgabe
der verschiedenen Wirtschaftsgebiete eines Landes, nämlich der Landwirtschaft,
des Bergbaus, der Gewerbtätigkeit (Industrie) sowie des Handels und
Verkehrs.
1. Landwirtschaft. Das ungleiche Klima int W. und £>., ferner der
Unterschied in der Bodenbcschaffenheit in Nord- und Süddeutschland bedingen
eine verschiedene Bewirtschaftung des Bodens. Im O. und N. ist fast die Hälfte
des Ackerlandes mit Getreide, vorwiegend mit Roggen, bestellt. Daneben
werden Kartoffeln, Futterpflanzen (Klee, Luzerne), Hülsenfrüchte
und Zuckerrüben gebaut. In dem zum Teil recht fruchtbaren Boden des
S. und W. gedeihen Weizen, Gerste, in den höher gelegenen Gegenden
Hafer. In Bayern und Württemberg baut man außerdem Hopfen und
Tabak neben wichtigen Futterpflanzen wie Luzerne, Esparsette und Runkel-
rüben. In der Gegend von Braunschweig, Quedlinburg, Erfurt und
in der Umgegend von Berlin finden sich große Gemüse- und Blumen-
gärten. Am Rhein und Main ist der Wein- und Obstbau von hervor-
ragender Bedeutung. — Trotz der Zunahme der landwirtschaftlichen Erzeugnisse
uermag die einheimische Landwirtschaft den Bedarf nicht zu befriedigen; ver-
schiedene Früchte, besonders Getreide, müssen ans dem Auslande in großer
Menge eingeführt werden. Dagegen hat im No. des Vaterlandes der Anbau
der Kartoffel einen bedeutenden Umfang angenommen, feitbem sie zur Her-
stellung von Spiritus und Stärke verwendet wird. Ebenso werden besonders
in der Magdeburger Börde und in Brannschweig solche Mengen Zuckerrüben
gewonnen, daß Deutschland jährlich für mehr als 200 Mill. Mark Zucker
-ausführt.
Mit der Landwirtschaft geht die Viehzucht Hand in Hand. Wert-
volle Pferde werden besonders in Ostpreußen (Trakehnen), Mecklenburg,
Schleswig-Holstein, Westpreußen und Elsaß-Lothringen gezüchtet. Die
Rinderzucht ist in den Marschgegenden Norddeutschlands, in Bayern und
Württemberg ein wichtiger Erwerbszwcig. Am meisten hat die Schweine-
zucht zugenommen. Sie wird im ganzen Reiche, und zwar im mittleren
und westlichen Teile stärker als im No. betrieben. Dagegen ist die Schaf-
zucht bedeutend zurückgegangen, weil die billigere Wolle aus Australien,
Südamerika und dem Kaplande die deutsche Wolle stark verdrängt hat.
Geflügel-, besonders Gänsezucht, wird vor allem in Pommern und Mecklen-
burg betrieben. Die Bienenzucht, hauptsächlich in Hannover und Schlesien,
liefert den vierten Teil des Honigertrages von ganz Europa.