1916 -
Bühl (Baden)
: Konkordia-Verl.
- Autor: Mattes, Friedrich Wilhelm, Hüffner, Jakob
- Hrsg.: Jungmann, Ludwig, Kipphan, K., Eisinger, K., Reinfurth, Thomas
- Auflagennummer (WdK): 15
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
215
Ii. Die Bedrohung des Christentums durch den Islam.
1. Mohammeds Leben. Während sich in Deutschland das Christentum
langsam ausbreitete, drohte ihm von Arabien her eine große Gefahr. Dort lebte
um das Jahr 600 Mohammed, ein Mann aus edlem Geschlecht. Seine Eltern
starben frühe. Nach einer freudlosen Lugend wurde er Kaufmann. Auf großen
Handelsreisen lernte er die Religion der Luden und Christen kennen, und er
wandte sich von dem Götzenglauben seines Volkes ab. Er suchte den einen,
wahren Gott und den reinen Glauben. Deshalb zog er sich in die Bergeinsamkeit
zurück. Bußübungen und Nachtwachen regten ihn krankhaft auf,- er hatte Träume
und Gesichte. Ein Engel soll ihm im Aufträge Gottes die Bekehrung seiner
Landsleute befohlen haben. Sein Bekehrungswerk begann Mohammed in seiner
Vaterstadt Mekka; doch fand er daselbst wenig Anhänger. Die Reichen ver-
spotteten ihn anfänglich; seine ersten Anhänger waren Sklaven und Arme. Als er
sich seines Lebens nicht mehr sicher fühlte, floh er 622 von Mekka nach Medina.
Diese Flucht heißt Hedschra. Von diesem Zeitpunkt an zählen die Mohamme-
daner ihre Lahre. Ln Medina gewann der „Gottgesandte" viele Anhänger.
Mit diesen Getreuen eroberte er in kurzer Zeit fast ganz Arabien und machte
einen einheitlichen Staat daraus. „Lch habe meine Sendung erfüllt", sprach er
beim Herannahen seines Todes, „hinterlassen habe ich euch das Buch Allahs und
deutliche Gebote; so ihr sie haltet, werdet ihr nimmer irre gehen." Er starb 632.
2. Der Islam. Mohammeds Lehre heißt Islam, d. h. Ergebung in Gottes
Willen. Einer, der sich völlig Gott ergibt, heißt Moslem. Mohammed lehrt:
„Es ist nur ein Gott, Allah, und Mohammed ist sein Prophet. Gebet, Fasten
und Almosen öffnen die Pforten des Himmels. Das beste Werk ist der Kampf
gegen die Ungläubigen." Zu diesen Hauptgeboten kamen noch das Verbot von
Wein und Spiel, das Gebot der Gastfreundschaft und die milde Behandlung von
Untergebenen. So wurde Mohammed auch Gesetzgeber. Seine Lehren und Gebote
finden sich im Koran (Verkündigung), dem heiligen Buch der Mohammedaner.
3. Ausbreitung. Mohammeds Nachfolger nannten sich bescheiden Kalifen,
d. h. Stellvertreter des Gesandten Gottes. Sie sahen im Krieg gegen die Un-
gläubigen ihre Hauptaufgabe. Ungeheuer waren ihre Waffenerfolge. Ln weniger
als 100 Jahren eroberten sie ganz Vorderasien und Nordafrika. Die moham-
medanischen Mauren, ein Mischvolk in Nordafrika, setzten sogar nach Spanien
über und drangen bis nach Frankreich vor. Karl Martell schlug sie zwischen
Tours (wr) und Poitiers (poatje) und bewahrte dadurch das Frankenreich und
das Christentum vor dem Untergang. In Spanien nahm ihre Herrschaft erst
zur Zeit der Entdeckung Amerikas ein Ende. Heute noch bekennt sich der
siebente Teil der Menschheit zum Islam.
4. Bedeutung. Die Lehre Mohammeds hat seinem Volke nicht allein
religiöse, sondern auch geistige und wirtschaftliche Ziele gewiesen. Das Streben,
die Erde dem Islam zu unterwerfen, führte zu ihrer Erforschung. Die Araber
besaßen große Kenntnisse in Erd-, Natur- und Himmelskunde; sie waren feine
Rechenmeister, geschickte Ärzte und bedeutende Baukünstler. Noch heute zeugen
in Spanien Paläste und Schlösser von ihrer hohen Kunstfertigkeit, z. B. die
Alhambra, Granada. Als tüchtige Kaufleute und Seefahrer brachten sie ihre
gewerblichen Erzeugnisse, Teppiche, Seidenstoffe, Leder und Waffen, in die ver-
schiedensten Länder; ihr Ackerland glich blühenden Gärten.