1916 -
Bühl (Baden)
: Konkordia-Verl.
- Autor: Mattes, Friedrich Wilhelm, Hüffner, Jakob
- Hrsg.: Jungmann, Ludwig, Kipphan, K., Eisinger, K., Reinfurth, Thomas
- Auflagennummer (WdK): 15
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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seiner Untreue. Weil der Kaiser seinen Schwiegervater, den Landgrafen von Hessen,
nicht frei gab, kehrte er die Waffen gegen ihn. Vom König von Frankreich wurde
er unterstützt. Während französische Truppen in Lothringen einrückten, zog Moritz
gegen den Kaiser. Dieser lag krank in Innsbruck. Mit knapper Not entging
er der Gefangennahme. Auf dem Reichstag zu Augsburg schloß der Kaiser 1555
den Augsburger Religionsfrieden. Die Protestanten erhielten freie Religions-
übung und gleiche Rechte mit den Katholiken. Der König von Frankreich aber
bekam die Bistümer Metz, Toul und Verdun. Enttäuscht über die Erfolglosigkeit
seiner Unternehmungen, legte Karl 1556 die Kaiserkrone nieder. Im Kloster San
Puste bei Madrid beschloß er 1558 sein Leben.
Zum Nachdenken und Üben. 1. Erfrage, ab auch der Bauernkrieg in deiner Heimat
gewütet hat! 2. Stelle fest, ab sich der Bauer heute nach in dieser Abhängigkeit befindet! 3. Gib
an, ob der Landmann noch Zehnten und andere Naturalabgaben bezahlen muß! 4. Gib an,
wie heutzutage Jagdfrevel bestraft wird! 5. Erzähle, was dir über Goß von Berlichingen be-
kannt ist! 6. Zn welchen Gedichten wird rins van Karl V. erzählt?
42. Der Dreißigjährige Krieg. 1618—1648.
Ursachen: Trotz des Augsburger Religionsfriedens dauerten Hader und
Zwietracht zwischen Katholiken und Protestanten fort. Zum gegenseitigen Schutze
schlossen die Protestanten einen Bund, die Union. An ihrer Spitze stand Fried-
rich V. von der Pfalz. Die Katholiken aber bildeten gleichfalls ein Bündnis, die
Liga, und wählten den Herzog Maximilian von Bayern zu ihrem Führer.
In Böhmen hatte die Reformation weite Verbreitung gefunden. Durch
eine kaiserliche Urkunde, den sogenannten Majestätsb rief, war den Protestanten
völlige Religionsfreiheit zugesichert und der Bau von Kirchen erlaubt worden.
Trotzdem wurde eine neuerbaute protcftantifd)c Kirche niedergerissen, eine andere
geschlossen. Darüber beschwerten sich die Böhmen beim Kaiser. Da keine Abhilfe
geschah, zog ein saufen bewaffneter Protestanten vor das Prager Schloß und warf
die Räte, welche als Hauptfeinde der Protestanten galten, zum Fenster hinaus.
I. Der Böhmisch-pfälzische Krieg. 1618 1621.
1. Der Böhmische Krieg. Als bald darauf der Protestantenfeind Ferdinand Ii.
Kaiser wurde, sagten sich die evangelischen Böhmen vom Kaiser los und wählten
den Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz zu ihrem König. Der Kurfürst nahm
auf Drängen seiner Gemahlin, einer englischen Königstochter, die gefährliche Süroue
an. Dieser unkriegerische, lebensfrohe Pfälzer hatte sich in Prag die Zeit mit
glänzenden Hoffesten, Schlittenfahrten und Tanzvergnügen verkürzt und sich wenig
um die Kriegsvorbereitungen gekümmert. Der Kaiser aber verband sich mit
Maximilian von Bayern. Bald rückte der kriegstüchtige Feldherr der Liga, Tilly,
in Böhmen ein und errang innerhalb einer Stunde am Weißen Berg bei Prag
einen glänzenden Sieg über Friedrichs Heer. Der „Winterkönig", der nicht
einmal an der Schlacht teilnahm, mußte fliehen und blieb seither ein heimat-
und landloser Mann. Die Pfalz gab der Kaiser dem Herzog von Bayern als
Dank für seine Hilfe. Über Böhmen verhängte er ein furchtbares Strafgericht.
Er zerriß eigenhändig den Majestätsbrief und entzog den Protestanten die ver-
liehenen Rechte und Freiheiten. 27 Führer des Ausstandes wurden hingerichtet,
ihre Güter eingezogen und die protestantischen Geistlichen verjagt. 30000 Familien
wanderten aus: wer blieb, mußte zum alten Glauben zurückkehren.