1916 -
Bühl (Baden)
: Konkordia-Verl.
- Autor: Mattes, Friedrich Wilhelm, Hüffner, Jakob
- Hrsg.: Jungmann, Ludwig, Kipphan, K., Eisinger, K., Reinfurth, Thomas
- Auflagennummer (WdK): 15
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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Durch einen ähnlichen Verkohlungsprozeß, bei dem die Wärme
nicht allein die Ursache war, sind in ungeheuren Zeiträumen aris aller-
lei Pflanzen die Kohlenlager in der Erde entstanden.
96. Der Torf. Wenn die Pflanzen absterben, so verwesen sie, d. h. die
organischen Pflanzenteile werden wieder in unorganische Stoffe, aus denen sie
aufgebaut worden sind, umgewandelt. Zum Verwesen ist der (Sauerstoff not-
wendig. Denn jede Verwesung ist eine langsame Verbrennung oder
Oxydation.
Ein ganz anderes Schicksal haben die Pflanzen im Wasser und im
sumpfigen Moorboden. Sterben diese ab, so sinken sie ins Wasser, wo ihnen
zur Verwesung der Sauerstoff fehlt. Dafür setzt eine allmählich erfolgende
Verkohlung ein. Flüchtige Bestandteile werden als Sumpfgas ausgeschieden,
und die zurückbleibende Masse wird immer kohlenstoffreicher. Es bildet sich der
Torf. Anfangs läßt dieser die Pflanzenteile noch deutlich erkennen. Mit fort-
schreitender Verkohlung verschwindet immer mehr das Aussehen, das an den
Pflanzenursprung erinnert. Der Torf wird schwarz wie Kohle.
Deutschland ist reich an Torf- rmd Moorböden. Zn unserem Lande finden
sich Torflager an manchen Stellen der Rheinebene, der Bar, im Hegau. Er
wird gestochen: Stichtors. Reich an Torf sind die niederdeutschen Moorböden
an der Ems und der Weser. Tiefgründiger Torf, der völlig verkohlt ist, wird
durch Maschinen hervorgeholt und in Formen gepreßt: Preßtorf. (Torfbriketts.)
Versuch: Wir legen ein Stück getrockneten Stichtorf in Wasser: Er saugt
das Wasser gleich einem Schwamm auf. Darin liegt die Bedeutung des Torfs
für die Gebirge. Unser Schwarzwald ist größtenteils mit einer starken Moor-
bodendecke überzogen. Die niedergehenden Regenwasser, sowie die Schmelzwasser
des Schnees werden von dem Moorüberzug aufgesaugt, festgehalten und nur nach und
nach wieder abgegeben. Daraus erklärt sich der Quellenreichtum des Schwarz-
waldes. Das Festhalten des Wassers verhütet zugleich die Überschwemmungen.
Torf wird seiner aufsaugenden Tätigkeit wegen auch als Streumittel in
den Ställen verwendet. Ebenso dient er zum Verpacken zerbrechlicher Waren.
Weil er stark wasserhaltig ist, liefert er nur geringere Wärme. Er kann
55—60°/o Kohlenstoff enthalten; 1kg trockener Torf liefert bei seiner Verbrennung
etwa 3500 W E.
97. Die Braunkohle. So wie heutzutage der Torf in den Moorböden
entsteht, so hat sich in viel früherer Zeit der Erdgeschichte aus den damaligen
Moorböden die Braunkohle gebildet. Nur ist in ihr die Verkohlung weiter
fortgeschritten. An den in die Sümpfe eingesunkenen Baumstämmen kann
noch deutlich die Art der Bäume jener Zeit erkannt werden. Sie erinnern an
heute noch im Gebiete des Mittelmeeres wachsende Palmen, Zypressen und
Lorbeerbäume; auch befinden sich unter ihnen Erlen, Blichen, Ahorn und Birken
neben vielen Sumpf- und Strauchgewächsen, die teilweise jetzt noch wachsen.
Da sich die Braunkohle oft in großer Mächtigkeit in Deutschland vorfindet —
70 bis 100 m — so muß damals ein sehr üppiges Pflanzenleben geherrscht haben,
das durch ein wesentlich wärmeres Klima begünstigt war.
Die stärkere Verkohlung der Braunkohle ist aber nicht nur eine Folge
der langen Zeitdauer ihrer Entstehung, sondern auch des starken Drucks auf-
lagernder Gesteinsmassen.
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