1890 -
Breslau
: Goerlich
- Hrsg.: Richter, Eugen, Hübner, Max
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
I
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vorherrscht. In den freundlichen Thälern sind Hammerwerke und Schmelz-
hütten angelegt. Unten in den Tiefen der Erde hacken und sprengen die Berg-
leute, über ihnen feuern und schmieden die Hüttenleute, und in den Wäldern,
haben Holzfäller und Köhler ihre Arbeit.
Das schönste Thal des Unterharzes ist das Bodethal bei der Roßtrappe. Hier
erheben sich die steilen Felswände so hoch, daß man leicht schwindlig wird, wenn man
in das Thal hinunter sieht, in welchem die Bode brausend über große Blöcke fließt.
Am Ende des Thales befindet sich ein hochragender Felsen, auf dessen Rande man
eine riesengroße, in Stein gehauene Hufeisenform zeigt. Wie die Sage erzählt, wurde
hier einst eine Prinzessin von einem wilden Riesen verfolgt und wagte auf der Flucht
den furchtbaren Sprung von diesem Felsen nach dem gegenüber liegenden Hexentanz-
platz. Der Huf ihres Pferdes drückte sich tief in den Felsen ein, der davon den Namen
Roßtrappe erhielt.
f. Die lange Gebirgskette, welche die Tiefebene im Norden von den
Hochebenen Süddeutschlauds scheidet, setzt sich nach Westen fort im Rhön-
gebirge, dem Spessart, dem Vogelsberge, dem Taunus und endet
jenseits des Rheines im Hunsrück. Die Rhön, der Vogelsberg und der
Westerwald sind gleichsam wie eine Schutzmauer vor das Thal des Main und
des Rhein hingebaut; sie halten die kalten Nordwinde ab und sammeln die
übermächtigen Regenmassen. Daher ist das Klima auf diesen Gebirgen rauh,
und die Feldfrüchte gedeihen nur kärglich. Besonders auf dem Rhöngebirge
sind die Bewohner sehr arm und müssen oft bittern Hunger leiden; aber sie
ertragen ihr Los mit Gottergebenheit und Zufriedenheit. Dieser Gebirgskette
sind nach Norden vorgelagert: die Wesergebirge, der Teutoburger Wald, der
Haarstrang, der Westerwald, das Siebengebirge, das Eifelgebirge und das
Hohe Venn.
g. Längs des Rheines, nur durch den Neckar von einander getrennt, ziehen
sich der Odenwald und der Schwarzwald von Norden nach Süden. Der Schwarz
rvald führt seinen Namen von den dunkeln Tannenwaldungen, mit welchen seine
Kronen und Abhänge bewachsen sind. Der südliche Teil des Schwarzwaldes
ist rauh und wild, so daß die Kirschen erst im September reif werden; nach
Norden zu senkt sich das Gebirge, hat ergiebigen Boden und ist mit Korn,
Obstbäumen und Weintrauben bepflanzt. Die Bewohner des Schwarzwaldes
fällen Holz und schnitzen viele Holzwaren, fertigen besonders Uhren, die bis
nach Amerika und Australien gehen. Aus der linken Rheinseite zieht sich der
Dasgenwald (die Vogesen) hin. Der höchste Berg im Schwarzwald ist
der Feldberg (1500 m), im Wasgenwalde der Sulzer-Belchen (1400 ra).
3. Das süddeutsche Heöirgsland.
h. Vom Fichtelgebirge zieht sich nach Südosten der Böhmerwald, der
mit hohen Tannenwäldern bedeckt und wenig bewohnt ist; der höchste Berg ist
der Arber (1500 m). Nach Südwesten zieht sich vom Fichtelgebirge der
Fränkische Jura, der zum größten Teile aus Kalk besteht; an diesen schließt
sich in südwestlicher Richtung der Schwäbische Jura oder die Rauhe Alb, von
deren Bergen der Hohenzollern und der Hohenstaufen besonders berühmt
sind. Während das Flußgebiet der Regnitz oder die fränkische Hochebene große
Sandstrecken, Kiefernwälder und magere Felder ausweist, ist das Flußgebiet des
Neckar oder die schwäbische Hochebene sehr fruchtbar und gut angebaut.
i. Zwischen den Alpen und der Donau breitet sich die bayerische Hoch-
ebene aus. Ihr Klima ist rauh und feucht; denn die Alpen halten die