1890 -
Breslau
: Goerlich
- Hrsg.: Richter, Eugen, Hübner, Max
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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I
Der Wasgenwald ist ein schön bewaldetes Gebirge; am Fuße findet man ver-
schiedene Laubhölzer, wie Eichen, Buchen und Birken; weiter hinauf Nadelwald. Die
Ebene ist dicht bevölkert, hat zahlreiche Städte und ist trefflich angebaut, so daß das Land
einen gar herrlichen Anblick gewährt.
Der Hauptsluß ist der Rhein. (In welcher Richtung durchfließt er das
Land?) Er nimmt bte Jll auf.
Das Klima ist mild, daher gedeiht Getreide, Obst und Wein. Auch
Hopfen, Tabak und Krapp wird angebaut. Die Bergwerke liefern Kohle,
Kupfer, Eisen und Blei.
Die Bewohner sind größtenteils katholisch. In den Dörfern sieht man
beim Kirchgänge noch oft die eigentümliche Tracht der Bauern. Die Männer
tragen einen schwarzen offenen Rock, eine rote Weste, schwarze Hosen und hohe
Stiefel; die Frauen haben große, niedrige Strohhüte, die herabhängenden Zöpfe
sind mit Schleifen geschmückt; feine weiße Hemdärmel gehen bis zur Hand, das
grünseidene Kleid hat unten einen roten Streifen. Auf dem Lande wird fast
überall deutsch gesprochen, in den Städten vielfach französische
An dem Kanal, der Rhein und Rhone verbindet, liegt Mülhausen
(85 000 E.), eine sehr bedeutende Fabrikstadt. Hier werden sehr viele baum-
wollene Gewebe hergestellt. Einzelne der Fabrikbesitzer haben für ihre Arbeiter
hübsche kleine Häuser gebaut, die von Gärten umgeben sind, und auch in
anderer Weise wird vortrefflich für dieselben gesorgt. — Eine der reichsten
Städte ist Kolmar, wo ebenfalls große Gewerbthätigkeit herrscht. Die Haupt-
stadt des Elsaß aber ist das alte berühmte Slrahburg (135 000 E.). Schon
zur Zeit der Geburt Christi war hier eine Stadt vorhanden; im Mittelalter
war sie eine Freie Reichsstadt. Hochberühmt ist das Straßburger Münster,
dessen Turm etwa 140 m emporragt. Im Innern desselben befindet sich eine
Uhr, welche das Planetensystem darstellt. Straßburg ist der Sitz des Statt-
halters von Elsaß-Lothringen und eines Bischofs; auch eine Universität befindet
sich hier. Zum Schutze gegen französische Einfälle ist Straßbnrg zu einer
Festung ersten Ranges gemacht.
b. Deutsch-Lothringen liegt zwischen dem Nordabhange des Wasgen-
waldes und der Mosel. Das Land ist vielfach von Bergen durchzogen, aber
fruchtbar. Der Ackerbau ist weit vorgeschritten; der Bauer ist unermüdlich
thätig und geneigt, Verbesserungen auszuführen. Er legt künstliche Wiesen an,
baut verschiedene Bodenfrüchte und treibt Obst- und Weinbau.
Die größte Stadt ist Meh (an?), eine der stärksten Festungen der Welt
(60 000 E.). Sie ist mit einem Gürtel von Erdwällen, Mauern und Gräben
umgeben, und im Umkreise befindet sich eine ganze Kette von Festungswerken.
Daher galt sie früher für uneinnehmbar; dem deutschen Heer mußte sie 1870
doch übergeben werden. Metz ist Sitz eines Bischofs.
9. Die drei Freien Reichsstädte.
Ehemals gab es in Deutschland viele Städte, welche nicht dem Landcsfürsten,
sondern nur dem Deuffchen Kaiser Unterthan waren. Man nannte sie Freie Reichsstädte.
Jetzt giebt es nur noch drei: Hamburg, Bremen und Lübeck. Sie heißen auch
Hansastädte, weil sie früher dem großen Städtebunde der „Hansa" angehörten und bis in
die Neuzeit diese Verbindung aufrecht erhalten haben. Sie werden nebst dem zugehörigen
Gebiete von dem Senate der Bürgerschaft regiert.