1890 -
Breslau
: Goerlich
- Hrsg.: Richter, Eugen, Hübner, Max
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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nach der Kirche des heiligen Grabes, um Gott für seinen Beistand zu danken
(15. Juli 1099). Er wurde zum Könige von Jerusalem erwählt, doch be-
gnügte er sich mit dem Titel „Beschützer des heiligen Grabes", denn er sagte:
„Ich will mich nicht in der Stadt mit einer goldenen Krone schmücken, m
welcher der König der Könige eine Dornenkrone getragen hat."
4. Spätere Kreuzxüge. Leider wurde das heilige Land bald aufs neue von
den Ungläubigen erobert. Noch sechs Kreuzzüge wurden unternommen, dasselbe
aus der Gewalt der Ungläubigen zu befreien; aber Jerusalem blieb nicht hundert
Jahre in der Gewalt der Christen, dann fiel es wie die übrigen Teile des Landes
wieder den Türken zu, die es heute noch besitzen.
5. Folgen -er Krru;;üge. In den Kreuzzügen haben Millionen von
Menschen ihr Leben verloren und doch nicht das Ziel erreicht, nach dem sie strebten.
Dennoch sind die Kreuzzüge von großer Bedeutung. Sie sind ein Beweis für den
lebendigen religiösen Sinn jener Zeit, da Hunderttausende Gut und Leben für
eine heilige Sache opferten. Der Adel fand Gelegenheit, sein Verlangen nach
großen Kriegsthaten zu befriedigen. Dadurch, daß die Europäer viele Produkte
des Morgenlandes kennen lernten und sie nach der Heimat brachten, blühte der
Handel auf. Eine Folge dieses Handelsverkehrs war aber das Anwachsen der
Städte, die in jener Zeit reich und mächtig wurden. — Die Morgenländer besaßen
in vielen Dingen eine größere Bildung als die Abendländer; daher waren die
Kreuzzüge auch für die Wissenschaft vorteilhaft. Groß war auch der Einfluß auf
die Künste: in Musik, Dicht- und Baukunst gaben die Kreuzzüge neue Anregung.
Endlich trugen sie dazu bei, die Lage des Bauernstandes zu verbessern; denn jeder
Leibeigene, der das Kreuz nahm, wurde frei.
10. Kaiser Friedrich I. (Barbarossa), 1152—1190.
1. Abstammung. Östlich von Stuttgart liegt ein etwa 600 m hoher
Berg, der Hohenstaufen. Dort stand die Burg des edlen Geschlechts der
Hohenstaufen, das von dem Berge seinen Namen hat. Der bedeutendste der
Hohenstaufen ist Friedrich I.
2. Zeine Persönlichkeit. Als Friedrich I. 1152 zur Regierung kam,
war er 31 Jahre alt. Der Bau seines Körpers hatte das richtigste Eben-
maß, sein Gang war fest, seine Haltung würdevoll. Sein blaues Auge hatte
einen scharfen, durchdringenden Blick; sein Haar war blond, sein Bart spielte
ins Rötliche, weshalb ihn die Römer Barbarofla (Rotbart) nannten. Sein
Verstand war scharf, sein Gedächtnis treu; sein Wesen war einfach und heiter.
Wie einst Karl der Große, so wollte auch Friedrich I. Deutschlands Macht
und Ansehen in ganz Europa befestigen. Im deutschen Reiche galt bald des
Königs Macht allein; viele Kämpfe hatte er dagegen in Italien zu führen.
3. Kämpfe ln Italien. Unter den früheren Kaisern waren die Städte
in Oberitalien sehr mächtig und fast unabhängig geworden; Venedig und Genua
waren stark als Seemächte und reich durch den Handel; unter den Städten
des Binnenlandes war Mailand die mächtigste. Mailand bedrückte die Nach-
barstädte hart, und diese wandten sich schutzflehend an den Kaiser. Als nun
Friedrich die Mailänder als Kaiser und Herr ermahnte, verspotteten sie das
kaiserliche Handschreiben und beschimpften den kaiserlichen Boten. Friedrich
brach daher nach Italien auf. Nach langer Belagerung gelang es ihm, die
Stadt zu erobern. Die Bewohner mußten sich aus Gnade und Ungnade
ergeben.
In 100 Scharen geteilt, Stricke um den Hals, Asche auf dem Haupte und
Kreuze in den Händen, zog das Volk Mailands vor dem Kaiser vorbei, der auf