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1. Realienbuch für mehrklassige Schulen - S. 78

1890 - Breslau : Goerlich
Ii 78 2. Rechtspflege. Die Femgerichte. Die leibeigenen Bauern wurden von ihrem Herrn gerichtet. Die freien Bauern standen unter den königlichen Rich- tern; der Richter hieß Freigraf. Ihm zur Seite standen die Schöffen, welche aus den freien Leuten gewählt wurden. Im 14. Jahrhundert entstand aus den Freigerichten das Femgericht. Dieses bestrafte besonders Straßenraub, Landfriedensbruch und andere Verbrechen, gegen welche die gewöhnlichen Gerichte nicht einschreiten konnten. Der Hauptsitz der Fem- gerichte war Westfalen. Der höchste Richter war der Kaiser; der Vorsitzende jedes einzelnen Gerichts hieß der ^Dtuhlherr, ihm zur Seite standen die Freischöffen. Wenn jemand eines Verbrechens angeklagt war, wurde er schriftlich vor das Ge- richt geladen; oft wurde die Vorladung an das Thor des Schlosses oder der Stadt genagelt, wo der Angeklagte wohnte. Kam der Angeklagte zur festgesetzten Zeit, so wurde ihm die Anklage vorgelesen. Behauptete er seine Unschuld, so mußte er es mit 2, dann mit 14, dann mit 21 anderen beschwören; geschah dies, so wurde er freigesprochen. Konnte er seine Unschuld nicht nachweisen, gestand er sein Ver- gehen ein oder kam er nicht vor das Gericht, so wurde er verurteilt (verfemt). Trafen mehrere Freischöffen einen solchen Verfemten, so hängten sie ihn an den nächsten Baun: und steckten ein Messer daneben. Gewöhnlich konnte kein Versteck und keine Flucht den Schuldigen retten. Daher schüchterte die Angst vor der Feme auch die rohesten Menschen ein. Als im 16. Jahrhundert die ordentlichen Gerichte mehr ausrichten konnten, hörten die Femgerichte allmählich auf. 16. Wichtige Erfindungen und Entdeckungen am Ende des Mittelalters. Im 14. und 15. Jahrhundert wurde eine Reihe wichtiger Entdeckungen und Erfindungen gemacht, durch welche der Handel, die Wissenschaften und die Kriegsführung umgestaltet wurden. 1. Die Erfindung des Schießpulvers. Schon vor 2000 Jahren kannten die Chinesen das Pulver; von ihnen lernten es die Inder, von diesen wieder die Araber kennen. Letztere beherrschten durch mehrere Jahrhunderte Spanien, und von hier aus verbreitete sich der Gebrauch des Pulvers durch die anderen Länder Europas. Anfangs kannte man nur Kanonen, die man Donnerbüchsen nannte. Sie waren außerordentlich groß und schwer fortzubringen. 18—20 Ochsen mußten oft vor ein solches Geschütz gespannt werden. Zuerst schoß man mit steinernen Kugeln, später mit metallenen. Da das Pulver noch sehr unvollkommen war, trafen die Kugeln auch schlecht; dessen ungeachtet benutzten namentlich die Städte die neue Erfindung sehr gern. Denn die stärksten Mauern einer Burg erlagen endlich den schweren Kugeln der Donnerbüchsen. Die Raubritter, die früher auf ihren festen Burgen sicher gewesen waren, mußten sich ergeben und ihrem Handwerk entsagen. Daher standen die Ge- schützmeister und Pulvermacher in großem Ansehen. Allmählich goß man auch kleinere Röhren, die ein einzelner Mann tragen konnte; so entstanden die Schießgewehre. Sie waren aber noch so groß und schwer, daß sie beim Zielen auf eine eiserne Gabel gelegt wurden, die man in die Erde stieß; auch dauerte es sehr lange, bis man einen Schuß abfeuern konnte. Erst im Laufe der Jahrhunderte wurden die Gewehre und das Pulver vervollkommnet. Durch die Erfindung des Schießpulvers wurde die ganze Kriegführung umgeändert. Nicht mehr die Stärke und Tapferkeit des einzelnen gewann den Sieg, sondern die Klugheit des Anführers und die Menge der Soldaten. Die Rüstung des Ritters wurde nutzlos, weil sie den Mann vor den Kugeln nicht schützte, und das Rittertum ging zu Grunde.
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