1890 -
Breslau
: Goerlich
- Hrsg.: Richter, Eugen, Hübner, Max
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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geschlossen, und die Protestanten beklagten sich beim deutschen Kaiser. Da
dieser eine ungnädige Antwort gab, zog eine Anzahl böhmischer Protestanten
nach Prag und warf zwei kaiserliche Räte mit ihrem Schreiber zum Fenster
hinaus. Das war Empörung gegen den Kaiser. Die Unruhen griffen immer
weiter um sich, der Kaiser rüstete daher ein Heer gegen die Aufständischen.
So begann der furchtbare Krieg, den wir den 30jährigen Krieg nennen.
2. Der böhmisch-pfälzische Krieg. Bald darauf starb der Kaiser.
Die Böhmen wollten den deutschen Kaiser nicht als ihren König anerkennen
und wählten den Kurfürsten von der Pfalz zum König. Diesem zog der
Herzog von Bayern entgegen. In der Nähe von Prag kam es am weißen
Berge zur Schlacht (1620), in welcher die Bayern in einer Stunde das
böhmische Heer besiegten. Friedrich von der Pfalz mußte fliehen. Aber in
seinem Namen führten zwei andere deutsche Fürsten den Krieg weiter und
verwüsteten Deutschland entsetzlich. Endlich wurden sie besiegt, und 1624 stand
der Kaiser als Sieger da.
3. Der dänische Krieg. Mehrere protestantische Fürsten wählten jetzt
den König Christian von Dänemark zum Obersten. Dieser rückte in Deutsch-
land ein. Der Kaiser hatte kein eigenes Heer, das er ihm entgegenstellen
konnte; da erbot sich ein böhmischer Adliger, Namens Albrecht von Waldstein
(Wallenstein), auf eigene Kosten 40 000 Mann ins Feld zu stellen. Die
kaiserlichen Minister meinten, man müsse froh sein, wenn man 20 000 Mann
bekäme. Wallenstein entgegnete: „20 000 Mann würden Hungers sterben;
mit 40 000 Mann will ich ins Feld rücken, die werden sich selbst ernähren."
Binnen kurzem hatte Wallenslein ein bedeutendes Heer beisammen, und der
Krieg begann. Wallenstein besiegte den Grafen von Mansfeld, Tilly den
Dänenkönig bei Lutter am Barenberge (1626). So war der Kaiser
wiederum Sieger. Wallenstein drang bis an die Nordspitze von Schleswig
vor, die Dänen aber flohen auf ihre Inseln. Der Kaiser und der König von
Dänemark schlossen in Lübeck 1629 Frieden, denn der Kaiser konnte gegen
ihn nichts zur See, der König nichts zu Lande gegen den Kaiser ausrichten.
Inzwischen bedrückten Wallensteins Heere die deutschen Länder furchtbar; die
Hauptleute erpreßten ungeheure Summen und lebten in Pracht und Überfluß,
die Soldaten nahmen alles, was sie bekommen konnten. Die armen Landleute
dagegen litten ganz entsetzlich; viele starben vor Hunger, andere nährten sich
kümmerlich von Wurzeln und Eicheln. Wallenstein that nichts, diesen Übel-
ständen abzuhelfen; daher baten die deutschen Fürsten den Kaiser, daß er
Wallenslein absetze. Der Kaiser mußte ihnen nachgeben. Wallenstein fügte sich
gern; denn er sah voraus, daß der Kaiser seiner bald wieder bedürfen würde.
4. Gustav Adolf. — Der deutsch-schwedische Krieg. Kurze Zeit nach
dem Frieden zu Lübeck fiel König Gustav Adolf von Schweden in Deutsch-
land ein; denn er hoffte, hier reiche Beute zu machen. Tilly zog ihm ent-
gegen und belagerte die wichtige Festung Magdeburg. Da die Schweden ihr
nicht Hilfe brachten, wurde sie erobert und verbrannt. Bald darauf besiegte
aber Gustav Adolf die kaiserlichen Truppen bei Breitenfeld (unweit Leipzig)
1631. Durch diese Schlacht verlor der Kaiser alle Vorteile, die er durch
einen zwölfjährigen Krieg errungen hatte. Gustav Adolf zog durch Thüringen
und drang bis Mainz vor; er benahm sich ganz als Herr von Deutschland