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1. Diesterwegs Realienbuch - S. 73

1913 - Frankfurt a.M. : Diesterweg
73 Luther im Kloster. Es war an einem Sommertage des Jahres 1505. Da klapste Luther an die psorte des Klosters. Kasch ösfnete sich diese, und rasch schloß sie sich hinter ihm. Draußen warteten die betrübten Freunde, aber der Jüngling kam nicht wieder. Schon am folgenden Tage wurde er feierlich aufgenommen. Der Prior des Klosters hielt eine Ansprache an ihn, und Luther gelobte, stets gehorsam zu sein, nichts mehr sein Eigentum zu nennen und immer keusch und sittlich zu leben. Daraus sprachen die Mönche Gebete, sangen feierliche Lieder und kleideten den neuen Kruder ein. Der Neueingetretene (Novize) hatte zuerst ein Probejahr zu bestehen. Zur Zreude der Mönche mußte der frühere Magister die niedrigsten Arbeiten im Kloster verrichten, die Türen schließen, die Stuben fegen und mit dem Kettel- saäe durch die Straßen der Stadt laufen. In der Klosterkirche mußte er zu den täglichen sieben Betstunden erscheinen, zuerst um Mitternacht, dann beim ersten hahnenträhen, dann um sechs, neun, zwölf, drei und am Übend. Außerdem betete er fleißig für sich und las so eifrig in der lateinischen Bibel, daß er jeden Spruch beim ersten Griffe fand,- dazu stäupte und geißelte er sich und legte sich alle nur denkbaren Oualen auf,- einmal aß er drei Tage nicht und kämpfte vor Gott im Gebet. Die Mönche spotteten darüber, nahmen ihm das Buch weg und sagten: „Mit Ketteln und nicht mit Studieren dient man dem Kloster." Er selbst erzählt später über sein Klosterleben: „Es hat Gott gewollt, wie ich nun sehe, daß ich der hohen Schulen Weisheit und der Klöster Heiligkeit aus eigener und gewisser Erfahrung, das ist aus vielen Sünden und gott- losen werten erführe, damit das gottlofe Volt nicht wider mich, ihren zukünftigen Gegner, zu prangen hätte, als der unerkannte Dinge verdammet. Darum bin ich ein Mönch gewesen." „Mein Vater war übel zufrieden und wollte mir's nicht gestatten,- er ant- wortete mir schriftlich wieder und hieß mich Du — vorher hieß er mich Ihr, weil ich Magister geworden — und sagte mir alle Gunst ab." „wahr ist's, ein frommer Mensch bin ich immer gewesen und habe meinen Orden so streng gehalten, daß ich's nicht aussagen kann. Ist je ein Mönch in den Himmel kommen durch Möncherei, so wollte ich auch hineinkommen sein. Das müssen mir bezeugen alle Klostergesellen, die mich gekannt haben. Denn ich hätte mich, wo es länger gewährt hätte, noch zu Tode gemartert mit wachen, Keten, Lesen und anderer Arbeit." Andere dachten freilich darüber anders, die sagten: „Unter dem Mönchs- tleide ruht ein schlimmes herz", oder: „wer dem Satan will dienen, der gehe in ein Kloster". — Luthers Priesterweihe: Als Luther zum Priester geweiht werden sollte, lud er auch seinen Vater und seine Verwandten zu der Zeier ein. Diese kamen mit zwanzig Pferden ins Kloster geritten, und der Vater schenkte ihm zwanzig Gulden. In der Klosterkirche versammelten sich viele angesehene Personen, geist- liche und weltliche Herren. Der Bischof legte samt allen Priestern die Hände auf das Haupt des jungen Mönches. Dann hing er ihm das priestertleid über die Schulter und salbte ihm die Hände mit dem heiligen Gl. Darauf reichte er ihm den Kelch mit dem wein und fprach: „Nimm hin das Amt, Messe zu feiern für Lebende und Tote!" Zuletzt legte er ihm nochmals die Hände auf und sprach: „Nimm den heiligen Geists welchen du die Sünden erlassen wirst, denen sind sie erlassen, und welchen du sie behalten willst, denen sind sie behalten."
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