1913 -
Frankfurt a.M.
: Diesterweg
- Hrsg.: Stridde, H., Herrmann, Fritz, Schulze, Otto, Plönnigs, A., Hupfeld
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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Als Zimmermann sich am nächsten Morgen verabschiedete, zog der König seinen großen,
weichen, abgetragenen Hut, neigte, wie Zimmermann erzählt, mit unbeschreiblicher
würde, Huld und Freundlichkeit sein Haupt zum Scheidegruß und sagte:
„vergessen Sie den guten, alten Mann nicht, den Sie hier
g esehen haben!"
2. Zeitalter -er Rümpfe um die bürgerliche Freiheit
und nationale Einheit.
A. Preußens Fall und Wiedergeburt.
Friedrich Wilhelm Ii. (1786—97):
engherzig, einseitig, versch w end eris ch, willensschwach, in Sitten
und Charakter nicht rein und fest,- daher Unterdrückung und Knechtung des
freien Volksgeistes („wölln ers ch es Cdikt"), Beteiligung am ersten Koa-
litionskriege gegen Frankreich; Abtretung des linken Kheinufers an Frank-
reich i). Zweite und dritte Teilung Polens (1793 und 1795). Preußen
erhält vanzig, Thorn, Gnesen, Posen und Kalisch (proo. west-
preußen und Posen),- Neu-G st Preußen (bis Warschau) und Neu-Schlesien
(Gberschlesien). Außerdem erwirbt Preußen Ansbach und Bagreuth.
Friedrich Wilhelm Iii. (1797—1840):
ein edler Charakter, pflichttreu, gewissenhaft, fromm, schlicht und einfach
— nur zu zaghaft und ängstlich, unentschlossen und ohne Selbstvertrauen.
Preußens Demütigung: Friedrich Wilhelm Iii. mußte, da Preußens
Chre von Napoleon * 2) geradezu mit Füßen getreten wurde (französische Truppen
p Zn Frankreich wütete seit 1789 die Revolution, hervorgerufen a) durch den
Absolutismus und rücksichtslosen Despotismus (Gewaltherrschaft) in Staat,
Kirche und Gesellschaft,- t>) durch freiheitlich gesinnte Dichter, wie
Voltaire und Rousseau, von denen namentlich der letztere feurig gegen Zwang und
Unnatur ankämpfte,- e) durch die erfolgreichen Freiheitskämpfedernord-
amerikaner, die unter ihrem Führer Washington das englische Zoch abwarfen,-
cl) durch einen harten Winter, der die Not der Armen, Hunger und Elend furcht-
bar steigerte. „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!" war die Losung.
Statt vernünftige Forderungen aufzustellen, artete alles sofort in Aufruhr und Mord
aus: die königliche Familie floh (20. Zuni 1791), wird eingeholt und gefangen gesetzt,-
das Lürgerregiment wurde zum Pöbelregiment, Schreckensmänner wie Kodes-
pierre, Danton und M a r a t morden täglich Hunderte und Aberhunderte hin
(Guillotine): Hinrichtung des Königs (am 21. Zanuar 1793), Hin-
richtung auch der Königin, einer Schwester des Kaisers von Österreich (am
16. Gktober 1793): Anbetung der „Göttin Vernunft" usw. Eingriffdermächte
(Preußen, Österreich, Holland, England, Spanien, d. i. die sog. „Koalition"): die
Republik Frankreich aber bleibt siegreich: das Schreckensregiment dauert weiter, bis
Napoleon Vonaparte es mit Gewalt unterdrückt und sich zum Herrn Frank-
reichs macht.
2) Napoleon, Sohn eines Rechtsanwalts auf Korsika („der Korse"), steigt schnell
von Stufe zu Stufe, wird General, Bezwinger der Revolution (1795), Erster Konsul
der Republik (1799) und 1804 erblicher Kaiser von Frankreich. Ehre und
Ruhm hatte er davongetragen in Kriegen gegen Italien, Aggpten, G st er-
reich, England, Rußland. 1806 Gründung des Rheinbundes:
alle deutschen Staaten (mit Ausnahme von Österreich, Preußen, Vraunschweig, Hessen)
und deren Fürsten („von Napoleons Gnaden") stellen sich unter Napoleons Regiment.
Auflösung des deutschen Reiches 1806. Schädigung Englands durch die
sog. Festlandssperre (Kontinentalsperre). Krieg zuletzt gegen Preußen
1806 und 1807 usw.—Napoleon war ein Mann von außerordentlichen Geistesgaben
und gewaltiger Willenskraft, einer der größten Feldherren aller Zeiten, neben Alexander
dem Großen, Eäsar, Friedrich dem Großen und Moltke stehend, dazu ein weitblickender