1907 -
Detmold
: Meyer
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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11. Das Norddeutsche Mefkand im allgemeinen.
1. Ausdehnung. Das Norddeutsche Tiefland nimmt den nördlichen
Teil von Deutschland ein. Es reicht von den Deutschen Mittelgebirgen bis
zur Nord- und Ostsee. Im Osten geht es in das Russische Tiefland über,
im Westen setzt es sich in Holland und Belgien nach der Französischen
Tiefebene fort. Auch die Halbinsel Jütland nebst den dänischen Inseln
bildet eine Fortsetzung des Norddeutschen Tieflandes. Durch die Elbe
wird es in ein östliches und westliches Tiefland geschieden.
2. Entstehung. Der Boden des Tieflandes besteht aus Sand, Lehm,
Kies und Ton. Er ist fast überall mit großen und kleinen Steinblöcken
aus Granit, Feuerstein und anderm Gestein übersät, wie wir sie auch in
unserm Lande vielfach finden. Diese sind in der sogenannten Eiszeit durch
riesige Gletscher von Skandinavien hergetragen worden. Damals war ganz
Norddeutschland bis an die Mittelgebirge heran von dem Gletschereis be-
deckt, das von den Gebirgen Skandinaviens sich langsam nach Süden schob
und beim Abschmelzen den Schutt, den es mitsührte, zu Boden setzte.
Ganze Hügel der Ebene sind aus diesem Gletscherschutt ausgebaut. Einzelne
Blöcke haben eine riesige Größe; vor dem Alten Museum in Berlin steht
z. B. eine Granitschale, welche fast 7 m im Durchmesser hat und aus einem
solchen Findlingsblock angefertigt ist.
3. Bodengestalt. Das Tiefland ist nicht völlig eben. Es wird viel-
mehr von zwei niedrigen Höhenzügen durchzogen. An der Ostsee entlang
zieht sich der Nördliche oder Baltische Landrücken, der mit zahlreichen Seen
besetzt ist. Nach den verschiedenen Ländern, durch welche er sich erstreckt,
heißt er der Preußische, Pommersche, Mecklenburgische Landrücken. Auf
dem Landrücken erheben sich einzelne Berge. Die höchste Erhebung des
Tieflandes ist der Turmberg bei Danzig, welcher 330 m hoch ist. Der
zweite Höhenzug geht von den Karpathen aus und verläuft in nordwestlicher
Richtung. Am rechten User der Elbe heißt er der Fläming; er endet in
der Lüneburger Heide. Zwischen den beiden Landrücken liegt eine flache
Einsenkung, worin sich viele sumpfige Niederungen befinden.
4. Die Flüsse des Tieflandes haben alle eine nördliche oder nord-
westliche Richtung und erhalten von rechts große Nebenflüsse. Die Weser
empfängt die Aller mit der Oker aus dem Harz und der Leine vom
Eichsselde. — Die Elbe nimmt die Havel auf, die aus den Seen Mecklen-
burgs kommt. Sie fließt zuerst nach Süden, dann nach Westen, dann nach
Nordwesten und erhält links die Spree aus der Lausitz. — Die Oder er-
hält als größten Nebenfluß die Warthe aus Rußland, welche wiederum
die Netze aufnimmt.
5. Klima. Der Westen des Tieflandes hat an der Küste reines
Seeklima. Die Winter sind dort milder als in der Oberrheinischen Tief-
ebene, und dem Sommer fehlt unter dem trüben Himmel die erdrückende
Wärme, von welcher der Süden und Osten Deutschlands oft heimgesucht
werden. Dafür fällt hier reichlicher Niederschlag das ganze Jahr hindurch.
Nach Osten hin nimmt der Niederschlag ab. Die Sommer werden heißer
und die Winter kälter, und an der Ostgrenze des Tieflandes herrscht echtes
Festlandsklima.
6. Erzeugnisse. Das Klima gestattet überall Ackerbau, aber der
Boden ist oft dürftig. Die Moore des Westens und die Sumpsniede-