1901 -
Leipzig
: Hofmann
- Hrsg.: Gehrig, Hermann, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Bilder aus der heimatlichen Geographie und Geschichte.
anderswo den unbestrittenen Vorzug weit mannigfaltigerer Gliederung,
weit größerer Individualisierung in Bodenbeschaffenheit und Volksleben;
aber auch das Weite, Auseinandergezogene, Bequeme, Stetige, Gleich-
mäßige unserer Heimat, wie es sich in Sitte und Tracht, in Sprache
und Art der Leute darstellt, heimelt den stillen Beobachter an. Hier
ist, wenn auch bedächtiger, oft schwerfälliger und plumper, doch sicherer
Schritt und Tritt, ruhige Bewegung und bewußte, dann und wann
bis zu sprödem Trotze gesteigerte Haltung. Wie die einzelnen alten
Wirtschaften meist in breiten, sehr kenntlichen Zügen angelegt, wie die
einzelnen Bauernhöfe unter den alten Eichen mit einem Zaun oder einer
Steinmauer umgeben und die zu ihnen gehörigen Ländereien in manchen
Gegenden durch Hecken und Grüben geschieden sind, so bequem abge-
schlossen und auf sich selbst ruhend, gemessen und scharf umschrieben ist
des Menschen Sinn und Sitte. Aus der zerfahrenen Weite der Außen-
welt hat er sich ins Enge und Heimliche seines Gemütes zurückgezogen
und bekundet in dieser heiteren Selbstbeschränkung einen tiefen Zug echt
germanischen Wesens. Wenn auf der Giebelseite mancher Bauernhäuser
die Worte zu lesen sind: „Wat frag ick na de lü'i — Gott helpet mi!"
so spiegelt dieser auserlesene Sinnspruch das stolze Selbstbewußtsein
unseres Volkes wieder.
6. Was ferner die großen historischen Ereignisse betrifft, so
fehlt es auch daran nicht. Wir werden auf der Wanderung durch
unser Land viel des Schwertgeklirres und des Waffengerassels vernehmen.
Allerorten reden zu uns ans der ältesten wie aus der jüngsten Geschichte
unseres Vaterlandes gewaltige Erinnerungen, vom ersten Auftreten unseres
Volkes in der Geschichte und seinem Zusammenstoße mit den Römern, von
den Zeiten Karls des Großen und Wittekinds bis in die ruhm-
reiche Zeit der Freiheitskriege, ja, bis in die Gegenwart hinein.
Ein nicht unbedeutender Teil der deutschen Geschichte hat sich ans dem
Boden unserer Heimat abgespielt. Joh. Meyer, die Provinz Hannover.
Ob höherer Glanz und Schimmer die Fremde gleich erhellt,
die Heimat bleibt doch immer der schönste Fleck der Welt.
Joh. Nep. Vogl.
3. Die Kalkigen.
1. Wir bestiegen einen Husumfahrer, eine kleine Smak, welche aus
Holland gekommen war. Unser Ziel war die Hallige Oland, und
wir segelten ziemlich munter zum Hafen hinaus. Das Meer hatte bei
klarem Himmel und Sonnenschein eine helle Farbe, so hell wenigstens,
wie die Nordsee sie haben kann. Einige Male sahen wir in dieser
hellschimmernden Meeresoberfläche den schwarzen Kopf eines Seehundes
hervortreten. Die Seehunde ziehen jetzt da herum, wo sonst Kühe
weideten, und wir schiffen auf salzigen Wogen über die Fluren weg,
auf denen ehemals des Nachts die friesischen Halbdunkelgänger die
Pferde von den Weiden wegfingen.
Wirft man nämlich einen Blick auf jene genauen Seekarten dieser
Länder, wo alle Sandbänke, Vorlande und Strömungen verzeichnet