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1. Bilder aus Hannovers Geographie und Geschichte - S. 98

1901 - Leipzig : Hofmann
98 Bilder aus der heimatlichen Geographie und Geschichte. verpflichtet war, dem Gutsherrn ein halbes oder ganzes Jahr lang als Knecht oder Magd ohne Lohn zu dienen. 2. Aber auch in den Provinzen Hannovers, wo der Landmann nicht mehr leibeigen, sondern persönlich frei war, drückten ihn die Wucht der Fronden, der sonstigen Sach- wie Geld-Abgaben, welche die Gutsherren und der Staat ihm aufgebürdet hatten, schier zu Boden. So mußten z. B. im Lüneburgschen ungemessene Jagdfronden, Spanndienste bis zu drei und Handdienste bis zu sechs Tagen in der Woche geleistet werden. Nicht weniger schlimm war die arge Ungleich- heit, die nicht nur in der Größe der Pachtzinse, sondern in der Belastung des Grund und Bodens überhaupt herrschte. Das galt namentlich von der in den bei weitem meisten Provinzen des Königreichs all- gemeinen Bürde des Zehnten, der gerade da den Bauern den größten Teil der Früchte ihres Schweißes entzog, wo die Bodengüte den Land- bau ohnehin am wenigsten lohnte. 2. Diesem Zustande versetzte die Juli-Revolution und die sehr schlechte Ernte des Jahres 1830 einen gewaltig erschütternden Stoß. Die in den Regierungskreisen bislang vorherrschende Ansicht, daß der Bauer in dein Abhängigkeits-Verhältnisse von seinem Gutsherrn sich am besten befinde, erlitt doch einen gar zu kläglichen Schiffbruch angesichts der jetzt unbestreitbaren Thatsache, daß eine einzige schlechte Ernte ausreichte, die größten Gefahren über das Königreich zu bringen. Da man der ländlichen Bevölkerung allgemein das Zeugnis großen Fleißes und umsichtiger Benutzung aller neuen Entdeckungen und Er- fahrungen geben mußte, so konnte man ihre Gleichgültigkeit und Dumm- heit nicht als Ursache der unerbaulichen Erscheinung hinstellen, daß der Wohlstand des platten Landes in den langen Friedensjahren sich nicht nur nicht gehoben, sondern dergestalt vermindert hatte. Unter allen deutschen Volksstämmen ist wohl kein anderer weniger zu gewaltsamen Umwälzungen geneigt als der niedersächsische, und zumal der hannoversche Ast desselben. Die Juli-Ereignisse in Frank- reich und die Aufstände in Kurhessen und anderen Bundesstaaten würden darum schwerlich auch in Hannover eine Revolution hervor- gerufen haben, wenn nicht die größere Hälfte derselben, die Auflösung aller moralischen Bande zwischen Regierung und Volk, längst vollendet gewesen. Denn auch die Lage der Städte war kaum weniger schlimm als die der ländlichen Bevölkerung. 3. Der Herzog von Cambridge, der nach dem Sturze des Grafen Münster (1831), des bisherigen Ersten Ministers, als Vize- könig an die Spitze des hannoverschen Staates trat, war einsichtig genug, der weiteren Ausbreitung der revolutionären Bewegung durch das wirksamste Mittel, die Zusicherung rascher durchgreifender Ver- besserungen auf gesetzlichem Wege, vorzubeugen. Daß zu den dringendsten die sofortige Erleichterung der Lage des Landmannes gehörte, hatte der Bruder und Stellvertreter König Wilhelm Iv. in der Thronrede, mit welcher er (7. Mürz 1831) die schleunig berufene Ständever- sammlung eröffnete, ausdrücklich anerkannt und zugleich die Bereitwillig-
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