1906 -
Berlin
: Nicolai
- Hrsg.: Hausen, Friedrich, Thiel, Oswald, Dahms, Gustav, Brücke, Th., Zissel, Adolf, Werner, Anton von, Ruthe, Paul
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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4. Deutschlands Bodengestalt und seine Bedeutung für den Durchgangs-
verkehr. Deutschland ist durch seine Mittellage in Europa und seine günstigen
Bodenformen schon von der Natur Zu einem Durchgangslande für den europäischen
Verkehr geschaffen. Es besitzt keine für den Verkehr unüberwindlichen Gebirgs-
züge im Innern, und selbst diejenigen an seiner Südgrenze sind ohne erheb-
liche Schwierigkeiten dem Verkehr zugänglich (Pässe, Tunnel). Deshalb
konnten sich schon früh die Hauptverkehrsstraßen von den Küstenländern im
W. zu den Binnenstaaten im O. und von den Nordsee- und Ostseeländern
zu denen am Mittelmeer entwickeln. Wie die Alpen so weisen auch die
Gebirgszüge des mitteldeutschen Berglandes vielfach Senken und Pässe auf,
die sich als vielbenutzte Eingangstore für den Durchgangsverkehr darstellen.
So gewährt die Burgundische Pforte zwischen Schweizer Jura und
Wasgenwald eine bequeme Verbindung von Süddeutschland nach Frankreich.
Über den Wasgenwald führt der Paß von Zabern und über die Haardt
die Senke von Kaiserslautern. Auch die flachen Zwischenräume zwischen
den einzelnen Teilen des mitteldeutschen Bergwalles werden für wichtige
Verkehrsstraßen benutzt (Chausseen, Eisenbahnen). Ferner führen über das
Erzgebirge, den Böhmerwald und die Sudeten zahlreiche Pässe, die zur
Anlage von Kunststraßen und Eisenbahnen benutzt werden (in den Sudeten
allein 14 Eisenbahnübergänge). Diese zahlreichen Übergänge in den Berg-
ländern im Verein mit vielen festen Brücken über die großen Flüsse, vor
allem aber das Vorherrschen des Tieflandes (60°/0), haben die Anlage eines
großartigen Eisenbahnnetzes sowohl ans der süddeutschen Hochebene als auch
besonders in der Norddeutschen Tiefebene veranlaßt.
Kurze Übersicht über die Wirtschaftsgebiete Deutschlands.
Ein Volk gebraucht zur Herstellung der Nahrung, Kleidung und Wohnung
Rohstoffe aller Art. Sie zu gewinnen ist die Ausgabe der verschiedenen
Wirtschaftsgebiete eines Landes, nämlich der Landwirtschaft, des Bergbaus,
der Gewerbtätigkeit (Industrie) sowie des Handels und Verkehrs.
1. Landwirtschaft. Vom Boden Deutschlands ist etwa die Hälfte
mit Ackerland bedeckt. Unter den Feldfrüchten stehen an erster Stelle Ge-
treide, Kartoffeln und Zuckerrüben. — Unser Brotgetreide ist der
Roggen, der auch mit dürftigem Boden vorlieb nimmt, dann aber zum
besseren Wachstum einer kräftigen Düngung durch natürlichen und künstlichen
Dünger bedarf. Er bedeckt große Flächen Norddeutschlands. In Süd-
deutschland, Schlesien, Sachsen, den Marschen und Rheinlanden herrscht der
Anbau von Weizen vor. Doch beträgt die Einfuhr für Weizen noch
281 Mill. Mark. Gerste ist besonders wichtig für die Geflügelfütterung und
Bierbrauerei. Sie braucht wie der Weizen schweren Boden, und daran
ref)It es in Deutschland. Deshalb muß für etwa 238 Mill. Mark vom Ans-
lande eingeführt werden. Hafer wird in Provinzen mit lebhafter Pferde-
zucht (Ostpreußen, Sachsen) viel angebaut; er gedeiht auch in höher gelegenen,
kälteren Gegenden. Das Ausland muß uns noch für 75 Mill. Mark liefern.
— Der Anbau der Kartoffel ist so stark, daß eine Einfuhr nicht nötig