1908 -
Schleswig
: Bergas
- Hrsg.: Warnecke, Johannes, Debus, Gustav, Kruse, Otto, Finckh, Karl
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Taubstummenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Taubstummenschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Körpern schwächer; luftförmige Körper haben gar keine Znsammenhangskraft.
Wasser ist ein flüssiger Körper. Das Wasser kann in einen festen Körper,
in Eis, und in einen luftförmigen Körper, in Wasserdampf, verwandelt werden.
4. Anhaugskraft oder Adhäsion. Ein Blatt Papier, das auf Wasser
liegt, ist nicht leicht abzuheben. Man muß etwas Kraft anwenden, um das
Blatt von dem Wasser zu entfernen; denn das Papier wird von dem Waffer
und dieses von dem Papier festgehalten. Zwischen beiden wirkt eine an-
ziehende Kraft. Diese nennt man Anhangskraft oder Adhäsion.
Die Anhangskraft bewirkt, daß an einem ins Wasser getauchten Stöck-
chen etwas Wasser haften bleibt. Infolge der Anhangskraft hastet der Bluten-
staub an dem Körper der Bienen, der Tautropfen an dem Grashalm, die
Tinte an der Stahlfeder. Auch beim Schreiben zeigt sich die Anhangskraft.
Beim Schreiben mit Kreide bleibt etwas Kreide an der Wandtafel, beim
Schreiben mit Griffel etwas Schiefer auf der Schiefertafel, beim Schreiben
mit der Stahlfeder oder Bleifeder etwas Tinte oder Blei auf dem Papier
haften. Ähnlich ist es beim Malen oder Anstreichen. In allen diesen Fällen
ist die Anhangskraft stärker als die Zusammenhangskraft. Mit Holz kann
man nicht schreiben, weil bei ihm die> Zusammenhangskraft größer ist als
die Anhangskraft. Die Anhangskraft wirkt also nützlich. Sie hat aber auch
unangenehme Folgen. Diese zeigen sich bei den Schmutz-, Fett- und Tinten-
flecken. Lästig wird die Anhangskraft für die Hausfrau dadurch, daß sie
den Staub an den Wänden, Decken, Möbeln und Kleidern festhält.
Zwei bestaubte, aufeinandergelegte Glasscheiben kann man leicht wieder
voneinander trennen. Legt man zwei staubfreie, trockne Glasscheiben auf-
einander, so haften sie schon fester. Befeuchtet man aber die Glasscheiben
und legt sie dann aufeinander, so sind sie sehr schwer voneinander zu trennen.
Die bestaubten Glasscheiben sind weniger glatt als die staubfreien, die be-
feuchteten aber glatter als die trocknen. Es ergibt sich also: Je glatter
aufeinanderliegende Körperflüchen sind, desto schwerer sind sie
voneinander zu trennen, desto größer ist also die Anhangskraft.
Das Gesetz von der Anhangskraft findet Anwendung beim Tapezieren,
beim Aufkleben der Briefmarken, beim Zusammenleimen zweier Körper und
beim Mauern. Beim Aufkleben der Briefmarken befeuchtet man die gummierte
Fläche. Dadurch wird die Anhangskraft erhöht. Beim Tapezieren bestreicht
man die Tapeten mit Kleister, beim Leimen glättet man die Flüchen mit
flüssigem Leim, beim Mauern werden die Unebenheiten mit Mörtel ausgefüllt.
Wenn der Maurer Putz an Decken oder Wände bringt, so besprengt er diese
zuvor mit Wasser.
5. Haarröhrchen-Anziehung. Röhrchen, deren Öffnungen so fein sind
wie ein Haar, nennt man Haarröhrchen. Taucht inan sie in ein Glas mit
Wasser, so steigt dieses in den Röhrchen empor und steht in ihnen höher
als in dem Glase. Diese Erscheinung nennt man Haarröhrchen-
Anziehung.
Taucht man ein Stück weißen Zucker mit dem einen Ende in Kaffee,
so wird es bald überall naß. Im Zucker sind viele kleine Röhrchen, die den
Kaffee anziehen und fortleiten. Haarröhrchen-Anziehung ist es, wenn das
Löschblatt Tinte aufsaugt, wenn das Petroleum im Dochte emporsteigt. Jeder
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