1908 -
Schleswig
: Bergas
- Hrsg.: Warnecke, Johannes, Debus, Gustav, Kruse, Otto, Finckh, Karl
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Taubstummenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Taubstummenschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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das Deutsche Reich von neuem aufrichten. — Die Sage hat sich am 18. Ja-
nuar 1871 erfüllt, An diesem Tage hat Kaiser Wilhelm I. die deutschen
Staaten zu dem mächtigen Deutschen Reiche vereinigt. Kaiser Wilhelm I.
ist ans dem Kyffhänser ein herrliches Denkmal errichtet worden.
15. Das Ritterleben.
1. Ans vielen Bergspitzen unsres Vaterlandes sieht man Burgen, von
denen nicht wenige zerfallen sind. Hier wohnten einst die Ritter, die zu Roß
kämpften und ganz in Eisen, in eine Rüstung, gekleidet waren. Ein Panzer
schützte Brust und Rücken, ein Helm das Haupt, ein Visier das Gesicht,
Schieneil Arme und Beine. Als Waffen dienten Schwert, Lanze und Schild.
Wollte ein Edelknabe Ritter werden, so mußte er schon in seinem 7. Lebens-
jahr in das Schloß eines andern Ritters gebracht werden und hier fleißig
mit den Waffen üben. Mit 14 Jahren wurde er Knappe und durfte von
nun an seinen Herrn auf die Jagd und in den Krieg begleiten. Erst im
21. Lebensjahr wurde er Ritter. Als solcher mußte er am Altar feierlich
versprechen, die Wahrheit zu reden, die Religion und die Witwen und Waisen
zu beschirmen und dem Fürsten treu zu dienen.
2. Um Mut und Geschicklichkeit zu prüfen, fanden oft Ritterspiele
statt. Dann erschienen die Ritter in prächtiger Rüstung hoch zu Roß und
ritten mit eingelegter Lanze gegeneinander. Wer den Gegner ans dem Sattel
hob, war Sieger. Dieser erhielt von den Damen als Preis einen Kranz,
einen Helm, ein Schwert oder gar eine goldene Kette. — Kam der Feind
ins Land, so zogen die Ritter ihm mutig entgegen. Hatten sie ihn besiegt,
so war großer Jubel in den Burgen, und abends wurden beim Wein Er-
lebnisse aus dem Kampf erzählt.
3. Später verarmten viele Ritter, weil sie ein verschwenderisches Leben
führten. Um sich ihren Unterhalt zu verschaffen, führten sie dem Landmanne
sein Vieh von der Weide, mähten ihm in der Nacht das Getreide ab und
brachten es durch ihre Knechte heimlich in ihre Burgen. Oft zündeten sie
auch seine Hütte an. Der Landmann stand meist wehrlos da; niemand verhalf
ihm zu seinem Rechte. Nicht besser erging es den Kaufleuten, die mit ihren
Wagen, auf denen sich kostbare Waren befanden, an den Burgen vorüber-
fnhren. Im Walde oder an der Landstraße lauerten die Ritter ihnen auf
und raubten Hab und Gut. Deshalb nannte man diese Ritter Raubritter.
Zur Zeit der Raubritter war große Not im Lande.
16. Rudolf von Habsburg. (1273)
1. Graf Rudolf von Habsbnrg wurde im Jahre 1273 deutscher Kaiser.
Bevor er die Regierung antrat, hatte das Deutsche Reich 16 Jahre lang
keinen Kaiser. Während dieser kaiserlosen Zeit war niemand da, die Schwachen
gegen die Starken zu schützen. Die Raubritter hausten schlimmer als früher.
Das konnte Kaiser Rudolf nicht mitansehen. Er verbot das Rauben, und
als die Raubritter sein Verbot nicht achteten, zog er mit einem starken Heere
gegen sie und ließ ihre Burgen erstürmen und zerstören. In Thüringen
allein zerstörte er 60 solcher Raubnester. Die Räuber selbst aber ließ er alle