1906 -
Berlin
: Nicolai
- Hrsg.: Thiel, Oswald, Ruthe, Paul, Zissel, Adolf, Dahms, Gustav, Hausen, Friedrich
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Randgebirge gebildet. Wind und Niederschläge haben ihn in die Tiefebene
getragen. Solcher Boden wird durch reicyliche Bewässerung sehr fruchtbar.
Darum gedeihen hier in vorzüglicher Güte Wein, Obst, Hopfen und Tabak.
Infolge ihres Bodenreichtnms und ihrer Schönheit ist die Ebene dicht be-
völkert, und große Städte sind daselbst entstanden. Am Knotenpunkt
bedeutender Verkehrsstraßen liegt die starke Festung Straß bürg (Münster,
Tuch-, Tabak-, Gewehrfabriken), an der Jll Mühlhausen (Weberei,
Spinnerei), am rechten Rheinufer Karlsruhe (die Hauptstadt Badens,
Möbeltischlerei), am Neckar Heidelberg (Schloß) und Mannheim (Ge-
treide, Tabak), am Abhange des Odenwaldes D arm stad t (Hauptstadt des
Großherzogtnms Hessen), am Main Frankfurt (große Handelsstadt, Goethe),
der Mainmündung gegenüber Mainz (Schiffahrt, Eisenbahnverkehr, Groß-
handel). Aus der Geschichte sind bekannt: Worms (1521) und Speyer
(1529).
Die Randgebirge der Oberrheinischen Tiefebene zeigen große Ähnlichkeit
tn ihrem Aufbau und in ihren Gesteinsarten. Das erklärt sich aus der Ent-
stehung der Tiefebene. Vor Jahrtausenden waren die Randgebirge wahrscheinlich
eine Hochebene. Durch vulkanische Tätigkeit brach der mittlere Teil ein, die
Randhöhen blieben stehen. Der eingebrochene Teil wurde vom Rhein mit
Wasser ausgefüllt und bildete einen See. Allmählich schuf sich dieser bei
Bingen einen Abfluß nach N., und es entstand die Tiefebene, die vom
Rhein durchflossen wird. Die Randhöhen erheben sich steil aus der
Tiefebene und gehen allmählich in das Schwäbische bezw. Lothringische
Stnfenland über. Dabei nimmt ihre Höhe von S. nach N. ab. Die
größten Erhebungen sind der Feldberg im Schwarzwalde und das Sulzer
Belchen im Wasgenwalde. Von der Ebene aus gelangt man zuerst an
sonnige Wein- und Obstgärten sowie üppige Saatfelder, dann durch Laub-
wälder in das Gebiet der düstern Tannen, welche dem Schwarzwalde den
Namen gegeben haben. Die höchsten Kuppen sind entweder kahl oder mit
niedrigem Gesträuch bewachsen. Beide Gebirge zeigen tieseingeschnittene Täler,
in denen wilde Gebirgsbäche rauschen. Auf den Bergwiesen weiden zahlreiche
Herden. Außerdem wird viel Holz zum Schiffsbau nach Holland verstößt.
Die Schwarzwälder Uhren und Musikinstrumente sind weltbekannt. Zahlreiche
Heilquellen (Baden-Baden) führen jährlich Tausende Erholungsuchende den
Tälern des Schwarzwaldes zu (Schwarzwaldbahn). Das gewerbliche Leben
des Wasgenwaldes ist anders geartet. Die reichen Wasserkräfte des Ge-
birges sind in den vielfachen Baumwollspinnereien und -Webereien benutzt
worden. Somit rührt in den Randgebirgen die rege Industrie weniger
von nutzbaren Mineralien als vom Holz- und Wasserreichtum der Berge
her. — Die nördliche Fortsetzung des Schwarzwaldes bildet das Neckarberg-
land, das die Verbindung mit dem Odenwald herstellt. Dieser gehört zu den
angebautesten und freundlichsten deutschen Gebirgen. An seinem Abhange
zieht sich die wegen ihrer landschaftlichen Schönheit berühmte Bergstraße hin,
die Heidelberg mit Darmstadt verbindet. Im W. der Tiefebene führt ein
niedriges Bergland vom Wasgenwald zur Haardt und dem Donnersberge