1906 -
Berlin
: Nicolai
- Hrsg.: Thiel, Oswald, Ruthe, Paul, Zissel, Adolf, Dahms, Gustav, Hausen, Friedrich
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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ausgesetzt. Außen nagten an ihr die Wogen des durch Verdichtung des
Wasserdampfes entstandenen Urmeeres, und von innen drangen durch Spalten,
Nisse oder lockerer gefügte Stellen des Erdmantels die feurigen Massen nach
außen.
Die Wirkungen des Feuers und des Wassers sind daher bei der Zu-
sammensetzung der Erdrinde erkennbar. Feurig-flüssigen Ursprung haben die
Durchbruchsgesteine, von denen Granit, Syenit, Porphyr und Basalt die
bekanntesten sind. Granit, ein körniges Gemenge aus Feldspat, Quarz und
Glimmer, wird zu Pflastersteinen, Trottoirplatten, Säulen und Denkmälern
verarbeitet. Der ähnlich verwendete Syenit besteht aus Feldspat und dunkler
Hornblende. Porphyr zeigt eine verschieden gefärbte Grundmasse, aus der sich
größere Körner oder Kristalle abheben, und wird als Bau- und Bildhauerstein
geschätzt. Der säulenförmig abgesonderte, dunkelfarbige Basalt liefert natür-
liche Prell- und Geländersteine. Die Absätze aus dem Wasser und die unter
Mitwirkung des Wassers gebildeten Gesteine heißen Absatzgesteine; sie sind
meist deutlich geschichtet und enthalten häufig Pflanzen- und Tierreste. Zu
den Absatzgesteinen gehören die kristallinischen Schiefer (Gneis, Glimmer-
schiefer, Tonschiefer), die Verduustungsrückstünde des Meeres (Steinsalz,
Gips), die Trümmergesteine (Sandstein, Ton, Lehm, Mergel, d. i. kalk-
haltiger Ton), die Kalkgerüste der Seetiere (Kreide, Muschelkalk), die
Reste einer früheren Pflanzenwelt (Anthrazit, Steinkohle, Braunkohle,
Torf) und schließlich die Ackererde.
34. Die Ackererde ist die oberste Schicht der Erdrinde, die hauptsächlich
aus zerbröckelten und Zerriebenen Teilen der verschiedenartigsten Gesteine be-
steht. An ihrer Entstehung ist besonders das Regenwasser beteiligt, dessen
lösende Kraft durch die in ihm enthaltene Kohlensäure erhöht wird (Verwitterung).
Besonders wirksam bei der Verwitterung ist der Wechsel von Hitze und Kälie
sowie die sprengende Kraft gefrierenden Wassers. Die wichtigsten Bodenarten
sind: Sand, Ton, Kalk, Mergel und Humus. Humus, aus verwesten Pflanzen-
resten bestehend, ist für den Landwirt die wertvollste aller Bodenarten.
Da die Pflanzen aus dem Boden Nährsalze und Stickstoff beziehen, muß
durch die Düngung für Ersatz gesorgt werden. Quellen für Phosphor sind
Knochenmehl, Superphosphat, Guauo und Thomasschlacke, ein Nebenprodukt
bei der Eisengewinnung. Kalk führt man dem Boden in Form von gebranntem
Kalk und Gips zu. Kalihaltige Düngemittel liefern vor allem die Staßfurter
Abraumsalze. Den Stickstoffbedarf der Pflanzen deckt man durch Düngung
mit Salpeter, Wurzelbakterien und schwefelsaurem Ammoniak (S. 441,16). Alle
für die Pflanze notwendigen Stoffe enthält der Stalldünger.
Außer durch die Düngung gewinnen Acker und Garten durch die
mechanische Bearbeitung mit Pflug und Egge, Spaten, Hacke und Rechen be-
deutend an Ertragfähigkeit. Diese Geräte lockern den Erdboden auf, damit
ihn die Wurzeln durchdringen und Lust und Sonnenschein auf ihn besser wirken
können. Infolgedessen geht die Verwitterung leichter von statten, die den
Pflanzen neue Nährsalze erschließt. Schließlich werden durch das „Umbrechen"
des Ackers auch zahlreiche Unkrautwurzeln zum Absterben gebracht.