1899 -
Schleswig
: Bergas
- Hrsg.: Warnecke, Johannes, Debus, Gustav, Kruse, Otto, Finckh, Karl
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Taubstummenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Taubstummenschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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man dagegen das eine Ende der Stricknadel mit Papier oder Wolle und hält
das andere Ende dann wieder in die Flamme, so fühlt man erst nach längerer
Zeit etwas Wärme. Die Stricknadel leitet die Wärme schnell fort in unsere
Hand; sie ist ein guter Wärmeleiter. Papier und Wolle leiten die Wärme
langsam fort; sie sind schlechte Wärmeleiter. Mau kann mithin gute und
schlechte Wärmeleiter unterscheiden. Gute Wärmeleiter sind alle Me-
talle; schlechte Wärmeleiter sind außer Papier und Wolle auch Holz, Stroh,
Heu, Pelz, Federn, Wasser, Schnee und Luft.
Plätteisen und Kohlenschaufeln haben hölzerne Griffe, damit man sich
nicht die Hände verbrennt. Die Mutter faßt einen heißen Kessel mit einem
wollenen Lappen an, um die Hand durch den schlechten Wärmeleiter vor dem
Verbrennen zu schützen. Im Winter tragen wir wollene Kleider und Pelze;
denn diese verhüten als schlechte Wärmeleiter das Ausströmen der Körper-
wärme. Die Federbetten enthalten keine Wärme, sondern sie verhindern nur,
daß die Körperwärme entweicht. Pumpen und Rosenstöcke umwickelt mau
im Winter mit Stroh; Kellerfenster werden mit Mist bedeckt und die Kar-
toffeln im Herbste eingegraben. Stroh, Mist und Erde halten als schlechte
Wärmeleiter die Kälte ab. Die jungen Saaten sind unter der Schneedecke
vor dem Erfrieren geschützt, weil Schnee ein schlechter Wärmeleiter ist. Eis-
keller bedeckt man mit Strohdächern und gräbt die Holzwände in die Erde;
denn Stroh, Holz und Erde nehmen als schlechte Wärmeleiter die äußere
Wärme nur langsam auf. Das Eis schmilzt daher nur ganz langsam. In
Häusern mit Strohdächern ist es im Sommer kühl und im Winter warm,
weil das Stroh als schlechter Wärmeleiter weder die Wärme noch die Kälte
hindurchdringen läßt. Man hat auf den Fußböden Teppiche, weil diese das
Ausströmen der Fußwärme verhindern. Zwischen Doppelfenstern und eben-
falls zwischen Doppelthüren befindet sich Luft. Diese verhütet als schlechter
Wärmeleiter das Entweichen der warmen Stubenluft und das Eindringen der
kalten Luft. Warmblütigen Tieren hat der weise Schöpfer ein Kleid „von
Haaren oder Federn gegeben, damit sie gegen Kälte geschützt sind. Eiserne Öfen
heizen die Stube schneller als thönerne, weil Eisen zu den guten Wärmeleitern
gehört. Thönerne Öfen halten sich länger warm, weil Thon nicht zu den
guten Wärmeleitern gehört. Sollen die Speisen rasch kochen, so benutzt mau
Kochgeräte aus Metall, weil diese die Wärme rasch aufnehmen. Kochgeräte aus
Thon werden benutzt, wenn die Speisen langsam kochen sollen. Thon nimmt
die Wärme langsam auf. Wo mau die Wärme festhalten will, da
wendet man schlechte Wärmeleiter an. Gute Wärmeleiter werden
angewandt, wo man die Wärme schnell verbreiten will.
4. Ausdehnung der Körper durch Wärme. Erwärmt man eine Blech-
büchse auf dem Ofen, so paßt der nicht erwärmte Deckel derselben nicht mehr,
sondern ist zu klein. Nachdem die Büchse erkaltet ist, paßt der Deckel wie
zuvor. Der Umfang der Büchse ist größer, wenn diese warm ist, und kleiner,
wenn sie kalt ist. Sie wird von der Wärme ausgedehnt, von der Kälte
zusammengezogen. Die Wärme dehnt feste Körper aus; die Kälte
zieht sie wieder zusammen.
Eiserne Kochtöpfe sitzen bisweilen im Herdloche fest, wenn sie erwärmt
sind. Die Wärme hat sie ausgedehnt. Glühende Bolzen gehen schwer in